Warenhauskonzern nach der Übernahme:Karstadt steckt tief in den Miesen

Karstadt

Die Zeit läuft derzeit gegen Karstadt. Nach der Übernahme durch René Benko steckt der Warenhauskonzern in einer Führungs- und einer Strategiekrise.

(Foto: dpa)

Die Kaufhauskette Karstadt hat auch im vergangenen Jahr Millionenverluste gemacht und rechnet kaum mit Besserung. Trotzdem sagt der Aufsichtsrat seine Beratungen über die Sanierung ab - und Interims-Chef Weitz geht.

  • Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat der Karstadt-Konzern erneut einen dreistelligen Millionenverlust eingefahren. Besserung ist nicht in Sicht.
  • Der Aufsichtsrat wird am Donnerstag nicht über die Sanierung des Konzerns beraten, weil Neu-Eigner René Benko noch keine Freigabe vom Bundeskartellamt für die Übernahme hat.
  • Zugleich verlässt Interims-Chef und Arbeitsdirektor Kai-Uwe Weitz das Unternehmen.
  • Der Konkurrent Kaufhof lehnt Pläne für eine mögliche Warenhaus-Fusion ab.

Erneut tiefrote Zahlen

Der angeschlagene Warenhaus-Konzern Karstadt ist noch tiefer in die Krise gerutscht. Im bis Ende September laufenden Geschäftsjahr machte die Karstadt Warenhaus GmbH einen Verlust von 131,1 Millionen Euro, wie aus dem nun veröffentlichten Jahresabschluss hervorgeht. Im Vorjahr hatte das Minus noch bei 158,4 Millionen Euro gelegen. Und auch für das laufende Geschäftsjahr erwarte das Unternehmen "einen Verlust in knapp dreistelliger Millionenhöhe", heißt es in dem Dokument weiter. Erstellt wurde es allerdings bereits im Frühjahr - und damit vor dem jüngsten Eignerwechsel zum österreichischen Immobilieninvestor René Benko.

Angesichts deutlich gesunkener Umsätze sind die letzten Sparmaßnahmen bei Karstadt damit offenbar weitgehend ins Leere gelaufen. Denn die Erlöse sanken 2012/2013 auf Jahressicht von gut 2,9 auf knapp 2,7 Milliarden Euro. Besonders das Einzelhandelsgeschäft lief demnach deutlich schlechter. Aber auch der Großhandel und die Provisionen aus Reise- und Versicherungsgeschäft schwächelten.

Mitarbeiter fürchten um Jobs und Standorte

Die Karstadt-Beschäftigten werden bis auf weiteres auf eine Entscheidung über die Zukunft ihrer Arbeitsplätze warten müssen. Die eigentlich für Donnerstag angesetzten Beratungen des Aufsichtsrats über die Sanierungspläne für das Unternehmen sind nach dem Eigentümerwechsel verschoben worden. Wie Karstadt mitteilte, hat das Kontrollgremium die Sitzung abgesagt, ein neuer Termin stehe noch nicht fest.

Warenhauskonzern nach der Übernahme: SZ-Grafik: Hanna Eiden; Quelle: Immobilien Zeitung

SZ-Grafik: Hanna Eiden; Quelle: Immobilien Zeitung

Zur Begründung hieß es, erst solle das Bundeskartellamt die Übernahme durch René Benkos Signa-Gruppe freigeben. Außerdem müssten mit dem Besitzerwechsel auch die Vertreter des früheren Eigentümers Nicolas Berggruen in dem Gremium durch Vertreter von Benko ersetzt werden. "Wir werden die Sanierung der Karstadt Warenhaus GmbH zügig und entschlossen angehen. Aber wir können der Entscheidung der Kartellbehörde nicht vorgreifen", sagte Aufsichtsratschef Stephan Fanderl.

Die Karstadt-Mitarbeiter fürchten im Zuge der Übernahme, dass erneut Stellen gestrichen und Standorte geschlossen werden. So forderte Arno Peukes, Vertreter der Gewerkschaft Verdi im Aufsichtsrat, dass für alle 83 Warenhäuser "eine Perspektive" festgeschrieben werden müsse. Ein voreiliges Aus für einzelne Standorte "hilft nicht dem Konzern, hilft nicht dem Eigentümer und ginge erneut zulasten der Beschäftigten".

Interims-Chef Weitz geht

Zudem wurde am Dienstag bekannt, dass es nur wenige Tage nach Benkos Einstieg erste Veränderungen im Management gibt: Arbeitsdirektor Kai-Uwe Weitz, der Karstadt nach dem überraschenden Weggang von Eva-Lotta Sjöstedt zusammen mit Finanzvorstand Miguel Müllenbach leitete, verlässt den Konzern - "in beiderseitigem Einvernehmen", wie Karstadt mitteilt. Weitz war 2011 vom Wettbewerber Metro zu Karstadt gekommen. Seine Aufgaben soll vorläufig Müllenbach mit übernehmen.

Kaufhof will keine Fusion

Über Benkos Motive Benkos, der wenig Erfahrung im operativen Handelsgeschäft hat, wird derweil noch gerätselt. In Branchenkreisen wird vermutet, der Österreicher könnte nach der Sanierung einen neuen Anlauf unternehmen, aus Karstadt und dem zum Metro-Konzern gehörenden Rivalen Kaufhof eine "Warenhaus AG" zu schmieden. Dafür gibt es bereits diverse Planspiele: So könnte Kaufhof Karstadt schlucken oder umgekehrt - oder ein dritter Investor beide Ketten übernehmen und verschmelzen.

Kaufhof wiegelt jedoch ab. "Wir diskutieren diese Option nicht", sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel. Daran habe sich auch nach dem Eigentümerwechsel nichts geändert. Aktuell betreibt Kaufhof deutschlandweit 105 Kaufhäuser, Karstadt 83. Experten bezweifeln, dass alle Geschäfte überlebensfähig sind, da sie häufig in unmittelbarer Nähe zueinander liegen. Bei einer Fusion würden daher sicher Standorte geschlossen, Tausende von Beschäftigten müssten um ihre Jobs zittern.

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