Wall Street:Die große Wette auf Amerika

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Die Aussicht auf eine lockere Wirtschaftspolitik und Infrastrukturprogramme beflügelt die Fantasie der Anleger. (Foto: Spencer Platt/Getty Images/AFP)
  • Tesla- oder auch Eisenbahn-Aktien: Die Wall Street hat neue Lieblinge.
  • Die Furcht wächst, dass die Nähe eines Unternehmens zu Trump an der Börse wichtig werden könnte.

Von Hans von der Hagen, München

Der Dow Jones hat zuletzt eine erstaunliche Entwicklung genommen: Seit der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ging es mit dem weltweit wichtigsten Börsenindex um etwa elf Prozent bergauf. Wie entfesselt steigen Aktien, die bei den Anlegern vor der Wahl oft kaum mehr auf Interesse stießen. Die Gründe? Zunächst sind die Kursanstiege Folge der neuen Freiheiten, die Trump manchen Branchen zubilligt. Zudem rücken plötzlich Unternehmen in den Vordergrund, die von Trumps nationalen Infrastrukturprojekten profitieren könnten. Börsenexperten fragen sich aber auch, ob künftig noch ein weiteres Kriterium eine Rolle spielen könnte: die Nähe zu Trump. In den USA macht schon das Wort vom crony capitalism die Runde - Gefälligkeitskapitalismus. Im Folgenden fünf Aktien, die beispielhaft zeigen, wo die Anleger neue Schwerpunkte setzen.

Tesla steht für alles, worum es Trump geht

Seit der Präsidentschaftswahl stiegen etwa die Papiere des Autoherstellers Tesla um etwa 45 Prozent. Tesla steht für alles, worum es Trump geht: Die Fahrzeuge werden in den USA gefertigt und Tesla soll der fortschrittlichste Massenhersteller in der Autobranche werden. Hinzu kommt, dass Tesla-Chef Elon Musk und Trump eine Vorliebe für Superlative teilen. Und die bietet Tesla im Übermaß: In Nevada entsteht beispielsweise die Gigafactory 1, die Akkus für die Tesla-Fahrzeuge herstellt - und bald schon mehr Batteriekapazität produzieren soll als die gesamte übrige Welt zusammengenommen. 2018 will Tesla zudem 500 000 Fahrzeuge fertigen, fast sieben Mal so viel wie 2016. Musk sitzt in dem Rat, der den US-Präsidenten in Wirtschaftsfragen beraten soll. Das ist ein ebenso illustrer wie umstrittener Kreis von knapp 20 Wirtschaftsführern. Umstritten ist das Gremium wegen seiner großen Nähe zu Trump.

Die Aktien von Goldman Sachs legten seit dem Wahltag um rund 30 Prozent zu. Wie keine andere Branche profitieren die Geldinstitute von den Plänen Trumps, die nach der Finanzkrise eingeführten strafferen Regeln für die Branche wieder zu lockern. Kürzlich unterzeichnete Trump bereits einen Erlass, demzufolge das Dodd-Frank-Gesetz überprüft werden soll. Das Gesetz beschneidet vor allem den Eigenhandel der Banken. Trumps engster Berater, Steve Bannon, wie auch sein neuer Finanzminister Steven Mnuchin arbeiteten früher bei Goldman. Auch die ehemalige Nummer zwei bei Goldman, Gary Cohn, arbeitet nun als Direktor in dem einflussreichen Rat der Wirtschaftsberater, dem Council of Economic Advisers).

Ein Satz in Trumps Rede zur Amtseinführung ging so: "Wir werden neue Straßen und Autobahnen und Brücken und Flughäfen und Tunnel und Bahnstrecken quer durch unser wunderbares Land bauen." Da Trump sich schon im Wahlkampf ähnlich geäußert hatte, kauften viele Anleger mal wieder Eisenbahn-Aktien. Zum Beispiel die der Gesellschaft CSX. Seit November haben die Papiere etwa 43 Prozentgewonnen. Und weil CSX vor allem groß im Transport von Kohle engagiert ist, profitiert das Unternehmen gleich doppelt von Trump: Er setzte Anfang Februar auch noch eine Regelung außer Kraft, mit der sein Amtsvorgänger Barack Obama die Kohleindustrie zu mehr Gewässerschutz verpflichtet hatte.

Pharmaindustrie: Schreck bei Trump

Die Pharmabranche war sehr besorgt, dass Hillary Clinton Präsidentin werden könnte. Von ihr befürchten sie eine straffere Regulierung der Arzneimittelpreise. Darum war die Erleichterung groß, als Trump Präsident wurde - Unternehmen wie der Biotech-Konzern Amgen verbuchten seit der Wahl ein Plus von knapp 20 Prozent. Unangenehm überrascht wurden dann allerdings die Konzernvertreter, als sie einer Einladung ins Weiße Haus folgten. Dort forderte Trump, dass die "astronomischen" Arzneimittelpreise schleunigst gesenkt und Arbeitsplätze wieder zurück in die Vereinigten Staaten verlagert werden müssten. Der Schreck dauerte nur kurz - Trump sagte gleichzeitig, dass viele Regeln wegfielen und neue Medikamente schneller zugelassen werden sollten. Das kommt Firmen wie Amgen entgegen, die einen starken Fokus auf die Entwicklung neuer Medikamente legen.

Und dann sind da noch Gesellschaften wie Cadiz. Seit November schnellten deren Papiere um gut 80 Prozent nach oben. Erklären konnte sich das keiner - bis Ende Januar die Liste mit Infrastrukturprojekten öffentlich wurde, mit denen Trump Amerika wieder groß machen will. Dort taucht das Cadiz Water Conveyance Project auf: Grundwasser, das unter der Mojave-Wüste in Kalifornien liegt, soll besser gegen Verdunstung geschützt werden. Das klingt nach Umweltschutz, tatsächlich aber würde das Wasser wohl nicht unter der Wüste bleiben, sondern nach Los Angeles und San Francisco fließen. Unter Trump könnte also dieses schon sehr alte, zuletzt aber kaum mehr beachtete Vorhaben wiederbelebt werden.

© SZ vom 22.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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