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Wal-Mart und Amazon:Preiskrieg der Buchgiganten

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Der neueste Roman von Stephen King, die Biographie von Sarah Palin - alles für neun Dollar: In den USA kämpfen Wal-Mart und Amazon mit immensen Rabatten um die Vorherrschaft im Buchmarkt.

Die Gemeinsamkeiten von Stephen King und Sarah Palin, so könnte man meinen, beschränken sich auf ihre Nationalität und den ersten Buchstaben ihres Vornamens. Im November jedoch werden der Meister des Horrors und die Ex-Kandidatin für das Amt des US-Vizepräsidenten Bücher veröffentlichen - und damit unfreiwillig zum Spielball des Machtkampfes zweier Handelskonzerne. Denn während auf der weltgrößten Buchmesse in Frankfurt alles was in der Verlagsbranche Rang und Namen hat aufläuft, ringen tausende Kilometer weiter westlich in den USA die Handelskonzerne Wal-Mart und Amazon um die Vorherrschaft im Buchverkauf.

Wal-Mart hat das Branchen-Beben losgetreten. Der Konzern kündigte an, auf seiner Internetseite zehn im November erscheinende Bücher zum Schnäppchenpreis von zehn Dollar (6,71 Euro) zu verhökern. Darunter waren die neuen Werke prominenter Autoren wie Dean Koontz, James Patterson und eben Sarah Palin und Stephen King.

Buchpreisbindung - nicht in den USA

Die Discountoffensive ist Teil der Strategie von Wal-Mart-Online-Chef Raul Vazquez, den Internetshop des US-Konzerns zum führenden Shopping-Portal zu machen. "Unser Ziel ist es, die größte und meistbesuchteste Handelsseite zu werden", tönte der Manager kürzlich. Dass Wal-Mart zudem auch immer der günstigste Anbieter sein möchte, zählt zu den Grundfesten des Gesamtkonzerns.

Ein Streit mit Amazon ist da praktisch programmiert. Der weltgrößte Online-Versender konterte die Tiefpreisoffensive von Wal-Mart nur wenige Stunden später und gab bekannt, die entsprechenden Werke ebenfalls für zehn Dollar zu verkaufen. Prompt kündigte Wal-Mart an, den Preis für die Bücher sogar auf neun Dollar zu senken. Ein Blick auf die amerikanische Seite von Amazon am Freitag zeigt: Der Konkurrent ist, natürlich, nachgezogen.

Ein gebundenes Buch, fast auf den Preis eines McDonald's-Menüs rabattiert - in Deutschland verhindert das die Buchpreisbindung. Diese Auflage besagt, dass Bücher überall gleich viel kosten, egal ob in der kleinen Buchhandlung um die Ecke oder bei großen Ketten wie Thalia, Weltbild oder Hugendubel. In den USA dürfen die Preise dagegen frei bestimmt werden - folglich können große Ketten wie Borders, Barnes&Noble oder große Onlinehändler wie Amazon die Preise für Bücher selbst bestimmen - häufig sogar bis über die Schmerzgrenze.

Kleine Händler verlieren Marktanteile

Dem Wall Street Journal zufolge müssen die Buchhändler in den USA für die Werke etwa die Hälfte des Listenpreises zahlen. Legt man etwa den Preis für Dean Koontz' Werk "Breathless" von 35 Dollar zugrunde, würden Wal-Mart und Amazon bei dem Verkauf jedes Romans 8,50 Dollar draufzahlen.

Leidtragende des Preiskampfs der Buchgiganten sind kleine, inhabergeführte Buchläden, die bei der Rabattschlacht nicht mithalten können. Eine Händlerin aus Omaha (Nebraska) bezeichnete es als "extrem", gebundene Bücher für zehn Dollar zu verkaufen, kleine Läden würden bei den Bestsellern Marktanteile verlieren. Auch Bestseller-Autor Koontz macht sich im Wall Street Journal Sorgen um die Zukunft der kleinen Shops.

Bei Koontz überwiegt jedoch die Freude über die Aufmerksamkeit und die erwarteten Verkaufszahlen. Experten befürchten allerdings, die Verbraucher könnten sich an die Billigangebote gewöhnen und irgendwann nicht mehr bereit sein, mehr als zehn Dollar für eine Neuerscheinung zu zahlen. Dies würde die gesamte Buchindustrie treffen - und damit auch die Honorare der Schriftsteller.

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