Süddeutsche Zeitung

Wagniskapital:Hilfe für Aussteiger

Ein Londoner Investor, Balderton Capital, kauft Mitarbeitern Anteile an Start-ups ab. Dafür hat er einen Fonds aufgelegt; in Europa ist dies der erste seiner Art.

Von Björn Finke, London

Einer der größten Geldgeber für junge Technologiefirmen in Europa möchte Mitarbeitern und frühen Investoren von Start-ups den einfachen Ausstieg ermöglichen: Balderton Capital, eine Wagniskapitalgesellschaft aus London, hat einen neuen Fonds aufgelegt, der darauf spezialisiert ist, Angestellten von Start-ups deren Anteile abzukaufen. In Europa ist dies der erste Fonds seiner Art. Balderton will mit dem Fonds 145 Millionen Dollar investieren; das Geld stammt wie bei anderen Balderton-Fonds von Anlegern weltweit.

Gründer von Technologiefirmen überschreiben Angestellten oft Anteile am Unternehmen und gleichen damit die schlechtere Bezahlung im Vergleich zu einem Konzernjob aus. Auch die Geldgeber der ersten Stunde, etwa aus dem Freundeskreis oder der Familie, erhalten Anteile. Nach einigen Jahren wollen diese ganz frühen Investoren vielleicht ihre Pakete versilbern, zum Beispiel weil sie Geld für den Hausbau brauchen. Ist das Start-up aber bis dahin nicht an der Börse notiert, wird es mühsam, kleine Anteile zu verkaufen.

Meist geht es um Investments von fünf bis zehn Millionen Dollar

Für solche Fälle ist der neue Fonds namens Balderton Liquidity I gedacht. Geleitet wird er von Balderton-Partner Daniel Waterhouse. Der Manager sagt, der Fonds werde kleine Investments tätigen: Statt den üblichen fünf bis zehn Millionen Dollar, die Balderton sonst in einzelne Firmen steckt, könnte es hier auch mal nur eine Million Dollar sein. In den Aufsichtsrat des Start-up zieht Balderton mit so einem Mini-Investment nicht ein. Die Fondsgesellschaft, die 2,7 Milliarden Dollar verwaltet, erwartet, die übernommenen Anteile fünf bis sieben Jahre zu halten.

Fünf der 85 europäischen Software- und Internetunternehmen, bei denen die Gesellschaft beteiligt ist, sitzen in Deutschland, etwa Infarm aus Berlin, ein Betrieb, der vernetzte Mini-Gewächshäuser entwickelt. Die Start-up-Hauptstadt Europas ist jedoch Baldertons Heimat London. Daran hat selbst der anstehende Brexit nichts geändert. Technologiegründer an der Themse zogen in den vergangenen zwei Jahren doppelt so viel Investorengeld an wie Paris und Berlin zusammen. Balderton-Partner Waterhouse sagt, der EU-Austritt im März spiele für viele Londoner Gründer keine große Rolle: "Die stehen vor 10 000 Herausforderungen. Der Brexit ist bloß eine weitere." Wenn klar sei, welche Folgen der Austritt hat, würden sich die Start-ups anpassen, sagt der Manager.

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Quelle:
SZ vom 04.10.2018
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