Süddeutsche Zeitung

Zentralbankchef Zhou:Wovon Chinas Chefbanker träumt

  • Chinas Zentralbankchef Zhou Xiaochuan stand in den vergangenen Jahren in der Kritik. Er gilt als forscher Reformer.
  • Er will die Währung Yuan weltweit stärken und die Zinsen im Land liberalisieren.

Von Marcel Grzanna, Shanghai

Chinas Zentralbankchef Zhou Xiaochuan stand in den vergangenen Jahren schon mehrmals vor der Ablösung. Er gilt als schlauer Kopf, dessen Drang zur Liberalisierung des chinesischen Finanzsektors allerdings nicht jedem im Regime gefällt. 2013 hätte er nach dem Ende seiner zweiten Amtszeit bereits in Rente geschickt werden sollen, doch Staatspräsident Xi Jinping und Premierminister Li Keqiang sicherten ihm eine dritte Runde. 18 Monate später kursierten erneut Gerüchte über seine mögliche Ablösung. Er sei zu forsch in seinen Reformbemühungen, hieß es. Doch wieder überstand Zhou die Debatten über seine Person. Seine mächtigen Fürsprecher wollten auf seine Dienste nicht verzichten. Denn Zhou treibt wie kein anderer die Internationalisierung der Landeswährung Yuan, die offiziell Renminbi genannt wird, voran.

Zhou hat der chinesischen Zentralbank international ein Gesicht gegeben. Seine Institution unterliegt zwar den Weisungen der Regierung. Allerdings ist Finanzpolitik in den vergangenen Jahren in China immer komplizierter geworden. Viele Mitglieder der Regierung oder hohe Parteikader sind schlicht überfordert mit den Problemen, mit denen sich eine Zentralbank beschäftigt. Das verschafft Zhou Xiaochuan beim Setzen von Schwerpunkten einen Handlungsspielraum, der mit der zunehmenden Komplexität des Wirtschaftssystems immer größer wird.

Die jüngste Kursabwertung der Landeswährung Yuan hat der Banker geschickt eingefädelt. Seine Institution stellt die umstrittene Maßnahme als Schritt in Richtung Liberalisierung dar. Würde der Wechselkurs schon jetzt frei nach den Gesetzen des Marktes bestimmt, würde der Wert des Yuan wahrscheinlich ohnehin sinken. Nach eben an diesen Marktgesetzen will sich die Bank ja künftig stärker ausrichten. Dieser Schritt lässt sich wegen der schwachen Wirtschaftsdaten des Landes als marktwirtschaftliche Konsequenz verkaufen. Dass gleichzeitig die schwachen chinesischen Exporte damit unterstützt werden, spielt offiziell keine Rolle. Faktisch ist aber genau das der Fall. Zhou nutzt den Kurswechsel zudem dazu, um beim Internationalen Währungsfond (IWF) Werbung zu machen für die Aufnahme des Yuan in den Korb der globalen Reservewährungen. Schaut her, wir liberalisieren, lautet die Botschaft. Die Reaktion des IWF fiel tatsächlich positiv aus, weil er die Maßnahme als weiteren Schritt zu einer frei konvertierbaren chinesischen Währung wertete.

Der Yuan soll in einer Liga mit US-Dollar und Euro spielen

Mit der Aufnahme in den Korb der wichtigsten Währungen der Welt, die den holprigen Namen Sonderziehungsrechte tragen, würde der Yuan einen entscheidenden Schritt tun auf seinem Weg zur Reservewährung. Der Yuan befände sich dann in der gleichen Liga mit US-Dollar, Euro, Yen oder Pfund. Chinas Währung würde deutlich an Reputation gewinnen und ihre Rolle im internationalen Handel noch mehr Gewicht erhalten.

Zhou Xiaochuan hatte diese Entwicklung vor Jahren selbst angestoßen. In einem Aufsatz formulierte er 2009 exakt dieses Szenario als wünschenswert für die Weltgemeinschaft, um die internationale Machtposition des US-Dollars in Grenzen zu halten. Jetzt steht Zhou möglicherweise kurz vor der Umsetzung seiner Wünsche.

Er pflegt glänzende Kontakte zum IWF. Mit dem früheren Bundespräsidenten und Ex-IWF-Chef Horst Köhler traf er sich bei Staatsbesuchen des Deutschen in China, um über die Entwicklung des Yuan und der globalen Finanzmärkte zu diskutieren. Köhler zeigte sich damals schon voller Respekt und Anerkennung für Zhou und bezeichnete dessen Überlegungen zu Neuerungen im internationalen Währungsregime als beachtenswert.

Zhous anderes großes Projekt ist die Zinsliberalisierung in China, die er gegen den Willen staatlicher Banken durchsetzen will. Bisher legt der Staat den Zins für Sparer fest. Der Kreditzins ist bereits frei verhandelbar. Schmerzhaft wird es für die großen Banken aber erst, wenn es an den Sparzins geht, weil den Banken dann durch den Wechsel von Kunden viel Kapital verloren gehen könnte. Als letzten vorbereitenden Schritt dorthin führte Zhou vor einigen Monaten einen Einlagensicherungsfonds ein, um zu verhindern, dass Sparer unter dem möglichen Bankrott von Banken leiden. Fällt die Festlegung des Zinses endgültig, kann sich der 67-Jährige einen weiteren Triumph an die Fahne heften.

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SZ vom 13.08.2015/klu
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