Wachstum:Wirtschaftsweise revidieren Prognose für Deutschland - nach unten

Konjunkturprognose 2019/2020

Ein Arbeiter beim Schweißen in einem Trockendock.

(Foto: dpa)
  • Die Wirtschaftsweisen haben ihre Prognose für die deutsche Wirtschaft deutlich nach unten korrigiert: Sie rechnen für 2019 nur noch mit einem Wachstum von 0,8 Prozent.
  • Sie warnen, eine "Spirale aus protektionistischen Maßnahmen" habe das Potenzial, "die deutsche Wirtschaft in eine Rezession abgleiten zu lassen".
  • Eine mögliche Fusion der Deutschen Bank und der Commerzbank sieht der Sachverständigenrat äußerst kritisch.

Die Wirtschaftsweisen blicken deutlich skeptischer auf die deutsche Konjunktur als noch vor wenigen Monaten. Die Ökonomen und Regierungsberater erwarten in diesem Jahr nur noch ein Wirtschaftswachstum von 0,8 Prozent, wie der Sachverständigenrat am Dienstag mitteilte. Im November hatten die Experten noch ein Plus von 1,5 Prozent vorhergesagt. "Die Hochkonjunktur der deutschen Wirtschaft ist vorerst vorüber", sagte der Chef des Gremiums, Christoph Schmidt. "Eine Rezession ist angesichts der robusten Binnenkonjunktur aber aktuell nicht zu erwarten."

Im kommenden Jahr dürfte die deutsche Wirtschaft demnach zwar wieder um 1,7 Prozent zulegen - vor allem jedoch wegen deutlich mehr Arbeitstagen. Bereinigt um diesen Effekt werde das Wachstum bei 1,3 Prozent liegen, so der Sachverständigenrat.

Die Wirtschaftsweisen warnen vor "Spirale aus protektionistischen Maßnahmen"

Wegen der Handelskonflikte mit den USA und der Unsicherheit über den EU-Austritt Großbritanniens haben zuletzt viele Forschungsinstitute ihre Wachstumsprognosen gesenkt. Die Bundesregierung rechnet für 2019 mit einem Prozent Wachstum. Das IWH-Institut aus Halle erwartet sogar, dass die Konjunktur nur noch um 0,5 Prozent anzieht. Auch die Wirtschaftsweisen betonten nun: "Die Risiken für die weitere wirtschaftliche Entwicklung sind derzeit sehr hoch." Sie warnten mit Blick auf Brexit und Zollstreit vor einem kräftigen Abschwung. "Angesichts der bereits nachlassenden weltwirtschaftlichen Dynamik hätte eine Spirale aus protektionistischen Maßnahmen das Potenzial, die deutsche Wirtschaft in eine Rezession abgleiten zu lassen."

Der Arbeitsmarkt sorgt den Wirtschaftsweisen zufolge allerdings noch für ausreichend Impulse, auch wenn die Dynamik nachlassen dürfte. Die Anzahl der Erwerbstätigen werde weiter steigen und die Löhne und Gehälter dürften ebenso zulegen. Das Wachstum dürften zudem der private Konsum, Bauinvestitionen und die öffentliche Hand mit ihren Ausgaben ankurbeln.

Von einer Fusion der Deutschen Bank und der Commerzbank raten sie ab

Die Wirtschaftsweisen äußerten sich außerdem zu einer möglichen Fusion der Deutschen Bank und der Commerzbank - und zwar äußerst kritisch. "Ich würde massiv davon abraten, jetzt noch einen größeren nationalen Champion zu schaffen", sagte die Ökonomin Isabel Schnabel. Denn Kostenersparnisse seien dadurch nicht so einfach zu erzielen und es sei auch nicht sicher, ob ein Zusammenschluss der beiden Institute betriebswirtschaftlich sinnvoll sei. Lars Feld, Schnabels Kollege im Sachverständigenrat, pflichtete ihr bei: "Vor allem das Problem 'too big to fail' sticht uns ins Auge." Feld kritisierte, dass trotz der Erfahrungen aus der Finanzkrise nun offenbar doch der Staat helfen solle. "Das halte ich für den falschen Weg", sagte er.

Deutsche Bank und Commerzbank hatten am Sonntag den Beginn formeller Fusionsverhandlungen bestätigt. Über diesen Schritt war seit Langem am Finanzmarkt spekuliert worden. Zuletzt war immer klarer geworden, dass Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) und sein Staatssekretär Jörg Kukies, der frühere Co-Deutschland-Chef der US-Investmentbank Goldman Sachs, eine Fusion der beiden Geldhäuser zu einem nationalen Champion befürworten.

Der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung - so der offizielle Name der Wirtschaftsweisen - wurde 1963 per Gesetz eingerichtet, um die Politik zu beraten. Neben Schmidt, Schnabel und Feld gehören dem Gremium Volker Wieland und als neues Mitglied Achim Truger an.

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