VW:Was muss der Konzern am Ende bezahlen? 30 Milliarden? 50? Noch mehr?

Die Szenarien sind bedrohlich: Sollte der Vorstand die Krise nicht in den Griff bekommen, sollten die Belastungen zu hoch werden, dann müsste sich Müller im Zweifelsfall für den Verkauf einzelner Konzernteile entscheiden - auch gegen Widerstände im Unternehmen.

In Wolfsburg rechnen sie gerade alles durch - auch wenn niemand weiß, was der Konzern am Ende zahlen muss. 30 Milliarden? 50 Milliarden? Noch mehr?

Nachdem die Affäre bekannt wurde, hatte der Konzern 6,7 Milliarden Euro zurückgelegt - vor allem für die Umrüstung der elf Millionen Dieselfahrzeuge. Da war schon klar: Reichen wird dies kaum. Im Gespräch ist nun, für 2015 einen zweistelligen Milliardenbetrag zurückzulegen, um alle möglichen Risiken abzudecken.

Folge: VW würde für 2015 einen Milliardenverlust ausweisen - nach Jahren steigender Gewinne. Das hätte weitreichende Folgen. Ein Konzern mit roten Zahlen könnte schwerlich noch eine Dividende an die Aktionäre ausschütten - die Auswirkungen wären gravierend. Der Staatsfonds aus Katar, der 17 Prozent der Stammaktien und damit der Stimmrechte hält, ist wegen der Abgas-Affäre ohnehin unzufrieden mit VW. Keine Dividende, das hieße, die Kataris wären noch unzufriedener. Hinzu kommen die vielen Investoren, die einen großen Teil der Vorzugsaktien halten, mit denen kein Stimmrecht verbunden ist.

70,73 Prozent

Das ist die Anzahl der stimmberechtigten Aktien, die den Familien Porsche und Piëch (50,73 Prozent) und dem Land Niedersachsen (20 Prozent) an den Volkswagen AG gehört. Sie dominieren den Autokonzern zusammen mit dem Staatsfonds von Katar, dem 17 Prozent der Stammaktien gehören, die mit einem Stimmrecht verbunden sind. Weitere Mitaktionäre von VW sind zahlreiche Großanleger. Die haben in der Regel aber nur Vorzugsaktien und damit kein Stimmrecht bei den Hauptversammlungen.

Bekämen diese Investoren zwei Jahre hintereinander keine Dividende, dann könnten sie ein Sonderstimmrecht erhalten. Die Aktionäre, die derzeit das Sagen haben, würden dadurch einen Teil ihrer Macht verlieren. Das sind die Milliardärs-Familien Porsche und Piëch und das Land Niedersachsen. Die beiden Familien haben gut verdient an VW, und das Land war schon immer ein großer Schutz für die Belegschaft vor Stellen-Streichungen und Sparmaßnahmen. Hinzu kommt der traditionell große Einfluss von Betriebsrat und Gewerkschaft. Das könnte sich mittelfristig alles ändern, aus Volkswagen könnte - Ironie der Geschichte - im Zuge der Dieselaffäre ein ganz normales Unternehmen werden.

Noch halten die Porsches und Piëchs die Zügel in Wolfsburg fest in der Hand, und sie lassen sich, wie immer, nicht in die Karten schauen. Aus dem Umfeld der Familien sind nur ein paar dürre Ansagen zu vernehmen. Wie viel Geld bei VW jetzt wegen der Affäre zurückgelegt werde, sei noch nicht entschieden. Auch die Höhe der Dividende stehe noch nicht fest. Die Spannbreite belaufe sich von "null bis niedrig". Und was ist mit den Vorstands-Boni? Die werde es sicher geben, heißt es dort - die Frage sei nur, in welcher Höhe.

In Wolfsburg hat man inzwischen offenbar verstanden, dass das Boni-Thema zur Unzeit kommt. Angeblich wolle der Vorstand einlenken, wird in Konzernkreisen in Wolfsburg verbreitet, denn: Der Vorstand wolle "Vorbild sein bei der Anpassung der Vergütung". Am Ende wird es um die Frage gehen, auf wie viel Geld die Manager verzichten wollen. Die Spannbreite ist groß: Sie könnten auf einige Hunderttausend Euro verzichten, sie könnten aber auch einige Millionen Euro ablehnen - aus gegebenem Anlass. Möglichst freiwillig, versteht sich.

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