Autoindustrie:Tarifverträge gekündigt: Das droht den VW-Beschäftigten

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VW gegen die IG Metall – die nächsten Wochen dürfte es harte Verhandlungen zwischen den beiden Parteien geben. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Von Juli 2025 an sind betriebsbedingte Kündigungen bei VW möglich. Für Azubis soll es keine Übernahmegarantie mehr geben. Doch die Gewerkschaft hat noch ein Ass im Ärmel.

Von Christina Kunkel, München

VW macht Ernst. Vergangenen Montag hatte der Autohersteller angekündigt, die Beschäftigungsgarantie für seine Mitarbeiter aufzukündigen. Jetzt haben die Wolfsburger diesen Schritt vollzogen. Die Jobsicherung bis 2029 ist nicht das einzige Privileg, das die Beschäftigten bei VW verlieren werden. Das Unternehmen kündigte noch weitere Tarifverträge.

Schluss ist demnach auch mit dem Vertrag für Mitarbeiter mit Führungsfunktion oder besonderen Aufgaben, dem sogenannten Tarif Plus. Wer nach diesem Vertrag bezahlt wird, bekommt nicht nur ein übertarifliches Gehalt, sondern in der Regel auch Bonuszahlungen. Außerdem kündigt VW die Übernahmegarantie für Auszubildende und duale Studenten. Bislang bietet der Hersteller 1400 Ausbildungsplätze pro Jahr an und garantiert bei erfolgreichem Abschluss eine Übernahme. Künftig sollen nur noch so viele junge Menschen ausgebildet werden, wie das Unternehmen benötige.

Auch für Leiharbeiter wird es Einschnitte geben. Bislang bezahlt VW diese nach eigenen Angaben über dem Branchendurchschnitt. Den eigenen Tarifvertrag dafür kündigten die Wolfsburger jetzt ebenfalls auf.

Besonders das Ende der Beschäftigungssicherung, die seit 30 Jahren gilt, sorgt für große Unruhe unter den Mitarbeitern. Die Regelung wird zum Jahresende gekündigt, allerdings gibt es eine Nachwirkung, sodass betriebliche Kündigungen erst im Juli 2025 möglich wären – sofern nicht vorher eine neue Vereinbarung zwischen Gewerkschaft und Unternehmen geschlossen wird.

Dabei haben die Arbeitnehmer einen Trumpf auf ihrer Seite: Sollte es bis Juli 2025 keine Einigung geben, würden automatisch wieder die tariflichen Regeln gelten, die vor dem 1. Januar 1994 in Kraft waren. Dieses Prinzip heißt „Schattenentgelt“. Für VW würde das bedeuten, dass die Personalkosten sogar noch weiter steigen würden, da die Konditionen der Beschäftigten damals teilweise besser waren als heute. Für die Gewerkschaften ist diese Regelung ein großes Druckmittel, da sie das Unternehmen quasi zwingt, sich in den nächsten Monaten mit den Arbeitnehmervertretern zu einigen.

Zusätzlicher Druck kommt durch die anstehenden Tarifverhandlungen, in denen die IG Metall sieben Prozent mehr Lohn herausholen will. VW kündigte an, möglichst bald in die Verhandlungen einsteigen zu wollen. Es wird erwartet, dass VW weitere Lohnerhöhungen ablehnen wird. In einem Schreiben an die Beschäftigten betont der Betriebsrat jedoch, bei seinen Forderungen bleiben zu wollen. Auch sonst gibt sich die Arbeitnehmerseite kämpferisch: Betriebsbedingte Kündigungen soll es auf keinen Fall geben, die Beschäftigungssicherung solle sogar noch einmal verlängert werden.

„Die aktuelle Phase trägt zu einer Verunsicherung bei. Dieser können wir entgegenwirken, wenn wir zeitnah zukunftssichere Perspektiven für unser Unternehmen schaffen“, sagt VW-Personalchef Gunnar Kilian.

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