Dieselklagen:VW und Verbraucherschützer starten Vergleichsgespräche

Volkswagen

Etwa 500 000 bis 600 000 Besitzer haben in Deutschland Zivilklage eingereicht oder zumindest Ansprüche angemeldet.

(Foto: dpa)
  • VW und der Bundesverband der Verbraucherzentralen beginnen überraschend Vergleichsgespräche im Abgasskandal-Musterprozess.
  • Damit erhöhen sich die Chancen auf Schadenersatz für die 444 000 Kläger und Besitzer manipulierter Diesel-Fahrzeuge.

Im Musterprozess um mögliche Entschädigungen für Hunderttausende Dieselfahrer wollen Volkswagen und der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) in Vergleichsgespräche einsteigen. Das teilte der VW-Konzern am Donnerstag mit. Damit erhöhen sich die Chancen der etwa 444 000 teilnehmenden Kläger, doch noch Ansprüche gegen VW durchzusetzen.

"Gemeinsames Ziel von vzbv und Volkswagen ist eine pragmatische Lösung im Sinne der Kunden", hieß es in der kurzen Mitteilung des Automobilkonzerns. Die Gespräche seien jedoch in einem sehr frühen Stadium: "Ob es zu einem Vergleich kommt, ist offen."

Während VW in den USA bereits Milliarden für die Entschädigung von Kunden ausgegeben hat, war der Autobauer dazu in Deutschland bislang nicht bereit. Seit Ende September verhandelt das Oberlandesgericht Braunschweig in einem Musterverfahren über die Sammelklage von Hunderttausenden Dieselkunden. Es geht um Schadenersatz für die 444 000 Käufer von manipulierten Diesel-Fahrzeugen der Marken VW, Audi, Seat und Skoda, die sich in das Klageregister eingetragen haben. Sie sehen sich nach dem Auffliegen der Abgas-Manipulationen im Herbst 2015 mit zum Teil drastisch erhöhten Emissionen von Volkswagen getäuscht. In dieser sogenannten Musterfeststellungsklage ist die Verbraucherzentrale stellvertretend für die Autokäufer vor Gericht gezogen.

Der Vorsitzende Richter am Braunschweiger Oberlandesgericht, Michael Neef, hatte bereits bei den ersten Sitzungen im September und November für Verhandlungen zwischen dem Autobauer und den Verbraucherschützern geworben. VW hatte dies jedoch mit Verweis auf mangelnde Vergleichbarkeit der Einzelfälle und ein unvollständiges Klageregister offiziell als "kaum vorstellbar" bezeichnet. Dementsprechend kommt der nun bekannt gegebene Wille zu Vergleichsgesprächen einer Kehrtwende gleich.

Tausende Urteile sind bereits gefallen, einen einheitlichen Tenor gibt es nicht

In Deutschland haben Kunden drei Jahre ab Bekanntwerden eines Mangels Zeit, einen Schadenersatzanspruch anzumelden. Insgesamt haben in Deutschland bislang 500 000 bis 600 000 Besitzer Zivilklage eingereicht oder zumindest Ansprüche angemeldet, darunter die 444 000 Teilnehmer der Musterfeststellungsklage.

Neben dem Musterverfahren in Braunschweig laufen an Gerichten bundesweit jedoch weitere separate Prozesse. Tausende Urteile sind bereits gefallen, darunter viele Vergleiche. Einen einheitlichen Tenor gibt es aber nicht. VW betont, dass die Ansprüche überwiegend abgewiesen wurden. Ein Richter am OLG München beispielsweise urteilte zuletzt in 21 Fällen, dass kein Vorsatz des Autobauers vorliege. Die Kläger gingen vorerst leer aus.

Es finden sich jedoch auch harte Urteile gegen den Konzern. Das Oberlandesgericht Stuttgart etwa hat im November zugunsten dreier Kläger entschieden: Von "hoher krimineller Energie" bei VW ist da die Rede und von "Sittenwidrigkeit" angesichts der bewusst verbauten "illegalen Abschalteinrichtung". Dabei habe sich VW "allein aus wirtschaftlichen Erwägungen über die Belange des Umweltschutzes hinweggesetzt".

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