Autoindustrie:Bringt dieser Deal die Wende für VW?

Lesezeit: 2 Min.

Etwa 49 000 Autos will der Hersteller Rivian in diesem Jahr bauen. (Foto: Joel Angel Juarez/REUTERS)

5,8 Milliarden US-Dollar steckt der deutsche Autobauer in die Partnerschaft mit dem E-Auto-Hersteller Rivian. Es ist eine riskante Wette – und könnte den Niedergang der eigenen VW-Softwaresparte einläuten.

Von Christina Kunkel

„Heute ist ein guter Tag für die Autoindustrie“, sagt VW-Chef Oliver Blume am späten Dienstagabend in einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz. Ein Satz, den man im VW-Konzern zuletzt kaum gehört haben dürfte. Allerdings sagt Blume diesen Satz nicht im Kontext der Verhandlungen um die Zukunft der deutschen Autofabriken. Es geht stattdessen um einen großen Deal, den VW nun tatsächlich abgeschlossen hat: 5,8 Milliarden US-Dollar steckt der deutsche Autobauer in ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem US-Start-up Rivian.

Die neue Firma soll VW aus der Softwarekrise helfen und Rivian aus der Finanzmisere. Das amerikanische Jungunternehmen baut Elektroautos mit ausgeklügelter Software, doch zuletzt stockte der Hochlauf der Produktion, Rivian drohte das Geld auszugehen. VW hat zwar bereits eine eigene Softwareeinheit namens Cariad – die fällt bisher allerdings hauptsächlich durch fehlerhafte und mit großer Verspätung gelieferte Software auf.

In China setzt VW bereits auf eine Partnerschaft mit dem dort angesiedelten E-Auto-Start-up Xpeng, Rivian soll das Pendant für die westliche Welt werden. Das neue Joint Venture bekommt eine Doppelspitze mit dem Rivian-Manager Wassym Bensaid und Carsten Helbing aus dem VW-Konzern. Die ersten VW-Autos, in denen auch Software von Rivian steckt, sollen 2027 auf den Markt kommen. „Wir starten mit Volkswagen, dann Audi, Scout, Porsche und danach kommen allen anderen Marken“, sagte VW-Chef Blume. Es geht also um sämtliche Fahrzeugklassen – vom Kleinwagen bis zur Luxuslimousine.

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VW hat seine Investition in das Gemeinschaftsunternehmen noch einmal erhöht, von fünf Milliarden auf 5,8 Milliarden US-Dollar. Dieser Anstieg dürfte in Wolfsburg einige Diskussionen ausgelöst haben in Zeiten, in denen massive Einsparungen angestrebt werden und das Unternehmen von seinen Mitarbeitern in Deutschland Abstriche beim Gehalt verlangt. Doch am Ende segnete der Aufsichtsrat den Deal auch in der neuen Höhe ab.

Das Joint Venture namens „Rivian Volkswagen Group Technologies“ soll etwa 1000 Mitarbeiter haben, die sowohl von der VW-Softwaretochter Cariad als auch von Rivian kommen. Der Großteil der Mitarbeiter wird allerdings von den Amerikanern in die neue Firma wechseln. In nur zwölf Wochen hatte ein erstes Team aus beiden Unternehmen ein Auto aus dem VW-Konzern mit Rivian-Software ausgestattet – und zwar so, dass der Wagen danach fahrbereit war. Für die Manager in Wolfsburg war das wohl der letzte Beweis, dass sie das Risiko eingehen können, mit einem Neuling in der Autoindustrie eng zusammenzuarbeiten und ihm sogar die Mitentwicklung von entscheidenden Komponenten für zukünftige VW-Fahrzeuge zuzutrauen.

Auch wenn Oliver Blume bei der Besiegelung der Partnerschaft betonte, die VW-Softwaresparte Cariad werde weiterhin eine wichtige Rolle im Konzern spielen, fragen sich viele, wie diese konkret aussehen soll. In China setzt man auf Xpeng, in der westlichen Welt jetzt auf Rivian bei der Software für die zukünftigen E-Auto-Generationen. Und da viele Milliarden in diese Kooperationen fließen, dürfte sich VW auch dort die größeren und vor allem schnelleren Erfolge erhoffen.

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