Süddeutsche Zeitung

Porsche bei VW: Umbau:Mit Macht nach Wolfsburg?

Seit dem spektakulären Abgang von Wendelin Wiedeking im vorigen Sommer führt Michael Macht Porsche mit ruhiger Hand - beim Mutterkonzern Volkswagen würden ihn manche gerne nach Wolfsburg in den Vorstand holen.

Ein halbes Jahr ist es her, dass Volkswagen bei Porsche eingestiegen ist. Jetzt verdichten sich die Zeichen, dass der VW-Vorstand einige Spitzenposten umbesetzt - und damit bei dem Sportwagenhersteller das Sagen übernimmt.

So könnte Porsche-Chef Michael Macht künftig vom Süden in den Norden wechseln, von Porsches Stammwerk in Zuffenhausen zur VW-Zentrale nach Wolfsburg. Konzernleiter Martin Winterkorn habe dem 49-jährigen Manager den Posten des Produktionschefs angeboten, berichtete die Bild-Zeitung.

Michael Macht - er gilt als Ziehsohn seines schillernden Vorgängers Wendelin Wiedeking - wird seit Monaten als Anwärter für den Produktionsposten gehandelt. Bisher hatte Porsche dies bestritten. Am Montag wollten weder VW noch Porsche die Top-Personalie kommentieren, aber sie dementierten sie auch nicht.

In Aufsichtsratskreisen überrascht

In Aufsichtsratskreisen ist man von der Personalie aber überrascht: "Warum sollte man nach den langen Querelen um Wiedeking nun einen Mann abziehen, der endlich Ruhe reingebracht hat?", heißt es da. Im siebenköpfigen Volkswagen-Vorstand würde Macht den Manager Jochem Heizmann ablösen.

Der 58-Jährige könnte dann die neue Lkw-Sparte von Volkswagen führen, heißt es. Gerüchten, wonach Heizmann die VW-Tochter MAN leiten soll, wurde am Montag widersprochen. "Diese Spekulationen entbehren jeder Grundlage", so ein MAN-Sprecher.

Der Lkw-Konzern aus München war zuletzt in eine Schmiergeldaffäre verwickelt. Vor einigen Monaten erst war mit Georg Pachta-Reyhofen ein neuer Chef installiert worden. Dieser gilt als Vertrauter von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, seine Ablösung ist unwahrscheinlich.

Schon seit 20 Jahren bei Porsche

Ein Wechsel von Macht zu Volkswagen würde demonstrieren, wie sehr der VW-Vorstand die Geschicke des einstigen Rivalen steuert: Im nächsten Jahr will sich VW den hoch verschuldeten Konzern als zehnte Marke einverleiben; etliche Prozesse sind schon verzahnt.

Michael Macht hatte während der Übernahmeschlacht als Produktionsvorstand von Porsche gearbeitet und war nach dem Abtreten Wiedekings an die Spitze gehievt worden. Dieser hatte sich dabei verhoben, seinerseits VW zu übernehmen und musste Porsche verlassen.

Michael Macht ist schon seit 20 Jahren bei Porsche. Nach einem Maschinenbaustudium an der Universität Stuttgart arbeitete er beim Stuttgarter Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation und wechselte dann in die Wirtschaft. Bei Porsche begann er 1990 als Fachreferent für Motorenplanung.

Der damalige Produktionschef Wiedeking erkannte die Begabung Machts bei der Arbeitsorganisation und machte ihn zu seinem Referenten. Als Wiedeking 1992 die Leitung bei dem Nobelhersteller übernahm, wurde Macht seine rechte Hand. Gemeinsam führten die beiden die "schlanke Produktion" japanischer Autofirmen im Stammwerk Zuffenhausen sowie bei Zulieferern sein.

Absatz und Umsatz ziehen wieder an

Seit dem spektakulären Abgang von Wiedeking im letzten Jahr hat Macht den Konzern mit ruhiger Hand geführt. Mittlerweile erholen sich die Stuttgarter auch wieder von der weltweiten Autokrise.

Absatz und Umsatz zogen im dritten Quartal des laufenden Geschäftsjahres 2009/10 wieder spürbar an. Porsche will unter VW kräftig wachsen und mit kleineren Modellen den Absatz deutlich von etwa 100.000 auf mittelfristig 150.000 Fahrzeuge erhöhen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.963056
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 22.06.2010/pak
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.