Software-Probleme:VW parkt Autos, was das Zeug hält

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Sehen aus wie Autos, haben aber noch kein digitales Innenleben: Das neue Modell ID.3 in der VW-Fabrik in Zwickau. (Foto: Sean Gallup/Getty)

Parken und Probleme gehören zusammen, das gilt auch für Volkswagen. Nun könnte dem Konzern jedoch der Platz ausgehen, so viele Autos muss er zwischenlagern.

Von Angelika Slavik

Es wird in diesen Tagen ja viel übers Fahren geredet, wo man hinfahren darf, wann und mit wem. Da birgt es eine gewisse Ironie, dass man bei Volkswagen, dem immerhin größten Autohersteller der Welt, derzeit vor allem mit Parken beschäftigt ist.

Seit geraumer Zeit schon hat der Konzern Schwierigkeiten bei der Softwareentwicklung - das Elektroauto ID.3 wird deshalb ohne vollständiges Betriebssystem vorproduziert, in der Hoffnung, die Software später draufzuspielen, wenn sie denn irgendwann fertig wird. In der Zwischenzeit parken Tausende ID.3s als seelenlose Hüllen, teils am Gelände der VW-Fabrik in Zwickau, wie hier im Bild, teils auf einem riesigen Parkplatz in Sachsen, den VW der Öffentlichkeit gar nicht gerne zeigt.

Nun aber könnte dem Autohersteller bald der Platz ausgehen: Denn nicht nur bei der Produktion des ID.3 hat VW Software-Schwierigkeiten, sondern neuerdings auch beim guten alten Golf. Die Auslieferung des Golf 8 musste gestoppt werden, weil der Notruf-Assistent nicht funktioniert. Das ist mehr als ein Schönheitsfehler, die Funktion ist bei Neuwagen vorgeschrieben. Geschätzt 30 000 Autos könnten zurückgerufen werden. Dennoch will der Konzern den Golf 8 weiter produzieren und bis zur Behebung dieses ziemlich peinlichen Software-Problems einfach, genau, Tausende Autos irgendwo zwischenparken.

Natürlich könnte man jetzt spotten: Pünktlich zum Bekanntwerden der Golf-Blamage verschickte der Konzern auch noch eine Jubel-Meldung über die historische Bedeutung dieser ikonischen Fahrzeug-Reihe - deutlicher kann man wohl nicht sagen, dass es schon mal bessere Zeiten gab. Man könnte auch anmerken, dass der Monat für VW insgesamt nicht besonders gut läuft: Erst kürzlich haben die Konzernjuristen beim Verhandlungsauftakt vor dem Bundesgerichtshof eine ziemlich üble Klatsche in Bezug auf die Entschädigung für Diesel-Fahrer kassiert.

Aber man muss auch sagen: VW ist mit seinen Scherereien ja nicht allein. Der Mensch insgesamt hat immer Ärger, wenn es ums Parken geht. Er streitet sich Samstagnachmittag um die letzte freie Parklücke vorm Ikea. Er stellt seine Beziehung auf die Probe, weil er vom Beifahrersitz aus hilfreiche Ratschläge ("Jeeeeehetz einschlagen! Um Gottes Willen, andere Richtung!! Was machaaaaaachst du???") gibt. Bisweilen parkt er seine Kinder heimlich in irgendeinem Bällebad im Einkaufszentrum, obwohl er gar nichts kaufen will.

Und sollte es schon mal vorgekommen sein, dass man sich die eine oder andere Bekanntschaft, sagen wir: aufheben wollte für schlechte Zeiten, schließlich weiß man ja nie, muss man sich mitunter anhören, dieser oder jene habe wirklich überhaupt keine Lust "zwischengeparkt" zu werden.

Wenn man nun also auf Volkswagens geparkte Probleme schaut, muss man erkennen: Während die Bekanntschaften nach einem enttarnten Parkversuch ja immer am Ende sind, haben der blamierte Golf und der leere ID.3 wenigstens noch eine Chance auf ein Update.

© SZ vom 19.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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