VW:Gespannte Ruhe

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Kein einfacher Chef: Herbert Diess und die VW-Betriebsräte streiten sich häufig und intensiv. (Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Markenvorstand Herbert Diess muss sich an diesem Dienstag vor den Mitarbeitern erklären, in Wolfsburg ist Betriebsversammlung.

Von Max Hägler, München

In Halle elf des großen VW-Werkes in Wolfsburg wird es an diesem Dienstagvormittag ungemütlich für VW-Markenvorstand Herbert Diess. Der Betriebsrat hat die Arbeiter zur Betriebsversammlung gerufen, 10 000 werden kommen, vielleicht auch ein paar mehr. Sie wollen sich direkt den Konflikt anschauen, den gerade ihre Arbeitnehmervertreter mit Diess ausfechten. Trillerpfeifen, einige provokante Sprüche auf T-Shirts und vielleicht Spruchbanner: Es gibt angenehmeres. Bei solchen Auftritten zählen auch die Symbole, also: Wie laut wird es? Und hält der Manager das durch?

Die Arbeitnehmervertreter warfen dem Manager "unsoziales" Verhalten vor

Immerhin ist die Lage nicht schon zuvor eskaliert. Vor zehn Tagen hatte der Betriebsrat um Bernd Osterloh dem Topmanager "unsoziales" Verhalten vorgehalten, garniert mit Unappetitlichkeiten, anlässlich einer unabgesprochenen Verschärfung des laufenden Sparkurses. Auch unter Vermittelung von Konzernchef Matthias Müller sind in den vergangenen Tagen die Einsparmaßnahmen nun gemildert worden. Diess' Plan eine Schicht zu streichen, ist etwa fallen gelassen worden. Der Arbeitsumfang bleibt gleich. Ein Team aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern soll zudem offenbar die Balance sicherstellen aus Stellen, die wegfallen und Stellen, die neu geschaffen werden, also zwischen alter Autowelt und dieser neuen, computerisierten. "Zu den offenen Fragen um den Zukunftspakt führen die Betriebsräte mit der Unternehmensleitung konstruktive Gespräche", teilte der Betriebsrat jedenfalls nach einer Beratung zwischen Diess und Arbeitnehmervertretern mit.

Es ist erstaunlich, dass es bei dieser Sitzung einigermaßen einvernehmlich zuging, nach der Eskalation vor zehn Tagen und nach dem Papier, das vor dem Wochenende aufgetaucht war. Darin ist Diess' kritische Haltung zur Gewerkschaft dokumentiert. Der Manager kommentierte eine interne E-Mail aus dem November zur Beförderung von sechs Mitarbeitern ins obere Management handschriftlich mit: "IG Metall-Mitgliedschaft?" Diess störte sich immer wieder an der aus seiner Sicht übergroßen Nähe zwischen Gewerkschaft und Management; etwa die Hälfte des oberen Managements ist auch in der IG Metall. Das mache die Entscheider unfreier, ist herauszuhören. Und es könnte, sagte Diess der Bild-Zeitung, gegen Ethikstandards des Unternehmens verstoßen, wenn Einstellungen und Aufstieg von einer Gewerkschaftsmitgliedschaft abhängig gemacht würden. Diese Vorwürfe seien ihm von verschiedenen Seiten zugetragen worden und er wolle sie nun prüfen, sagte Diess.

Die mächtige Gewerkschaft sieht das genau andersherum. Die Mitgliedschaft dürfe nicht "zum Hindernis für berufliche Karriere" werden, sagte eine IG-Metall-Sprecherin. Die Nachfragen von Diess dazu seien "unzulässig".

© SZ vom 21.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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