Süddeutsche Zeitung

Automobilindustrie:Herbert Diess bleibt VW-Chef

In einer weiteren außerordentlichen Aufsichtsratssitzung wird die Lage in Wolfsburg befriedet - fürs Erste. Diess' größte Forderung wird allerdings nicht erfüllt.

Von Max Hägler

Der Machtkampf in Europas größtem Industriekonzern ist vorläufig beendet: In der Nacht zu Dienstag entschied der Aufsichtsrat rund um dessen Vorsitzenden Hans Dieter Pötsch, dass Herbert Diess Vorstandschef bleibt. Oder vielleicht hat auch er entschieden, zu bleiben - obwohl seine größte Forderung, jene nach einer vorzeitigen Vertragsverlängerung, nicht erfüllt wurde.

Was es für ein Ringen war, vor allem zwischen dem Betriebsrat und den Mehrheitseigentümern Porsche und Piëch mit Diess an ihrer Seite, das lässt sich den etlichen Zeilen entnehmen, die im Nachgang versandt wurden, von allen Fraktionen. "Herbert Diess prägt Volkswagen seit 2015 maßgeblich", heißt es etwa in der Aussendung des Aufsichtsrates. Man schätze "die Zielstrebigkeit und Hartnäckigkeit, mit der Herbert Diess den technologischen Wandel" vorantreibe, aber auch die wirtschaftlichen Ergebnisse verbessere. Und dann: "In den kommenden Jahren wird der Vorstand der Volkswagen AG die Strategie mit Herbert Diess an der Spitze umsetzen."

Diess hätte hier gerne konkret das Jahr 2025 gelesen, aber es bleibt vorerst bei seiner Bestellung bis zum Frühjahr 2023. Offiziell war die Vertragsverlängerung zwar nie auf der Tagesordnung, doch stand sie stets zur Diskussion und war von ihm auch bei einzelnen Fraktionen vorgebracht worden. Nach heftigem Widerstand habe er diese ultimative Forderung aber fallen lassen, heißt es aus VW-Kreisen - vor allem die Arbeitnehmer wären ihr niemals gefolgt.

Durch die schönen Worte hat er jedoch das Vertrauen ausgesprochen bekommen - und er hat zudem seine drei Wunschkandidaten im nun größer werdenden Vorstandsteam durchgesetzt: Ressortchef für den Konzerneinkauf wird Murat Aksel. Für die konzerneigene Zuliefersparte soll Thomas Schmall die Verantwortung erhalten. Und vor allem soll Audi-Finanzchef Arno Antlitz Nachfolger von Finanzchef Frank Witter werden. Er hat die klare Vorgabe einen Sparkurs durchzusetzen - was den Arbeitnehmern Unbehagen bereitet.

Das liest sich auch entsprechend aus der Pressemitteilung heraus: Der Vorstandsvorsitzende und sein neues Vorstandsteam hätten "die volle Unterstützung des Aufsichtsrats, wenn es um die Neuausrichtung auf Elektromobilität, Digitalisierung, aber auch um die Steigerung von Effizienz und Profitabilität in allen Marken und Konzernteilen geht".

Aber den Satz danach in der Mitteilung haben die Arbeitnehmer und wohl das Land Niedersachsen als Miteigentümer diktiert: "Dabei bleibt es gemeinsamer Anspruch, die Transformation mit einem hohen Maß an Qualifizierung und Zukunftschancen für die Beschäftigten des Konzerns zu verbinden und notwendigen Personalabbau (...) über die bewährten Personalinstrumente (...) zu gestalten."

Der Terminplan für den nächsten Krach steht auch schon fest: Konzern-Vorstand und Konzern-Betriebsrat würden sich bis Ende März kommenden Jahres auf einen Plan verständigen, um die Fixkosten im Unternehmen um fünf Prozent zu reduzieren. Ob es zu einer Verständigung kommt, darf bezweifelt werden.

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