Coronavirus:Was nun bei Volkswagen passiert

Lesezeit: 2 Min.

  • Volkswagen stoppt auf Druck des Betriebsrats von Samstag an die Produktion.
  • Aus Sicht des Betriebsrates kommt der Schritt zu spät.
  • Auch Opel fährt die Produktion herunter.

Von Angelika Slavik und Hans von der Hagen

Der VW-Konzern will die Produktion in zahlreichen Werken wegen der Ausbreitung des neuartigen Coronavirus vorübergehend aussetzen. An den allermeisten Standorten solle am kommenden Freitag die letzte Schicht laufen, hieß es am Dienstag aus dem Betriebsrat in Wolfsburg.

Bislang gibt es nach Auskunft des Konzerns weltweit 25 Coronafälle im Konzern - drei davon in Wolfsburg. Nur einer dieser Mitarbeiter habe Kontakt zu Kollegen gehabt, diese seien alle vorsorglich unter Quarantäne gestellt worden, sagte VW-Personalvorstand Gunnar Kilian am Dienstag.

Welche Folgen der Shutdown in Europa für VW haben werde, lasse sich derzeit "nicht seriös beantworten", heißt es beim Konzern. Man werde sicherlich seine Mittelabflüsse "optimieren", um größtmögliche Liquidität sicherzustellen. Die Pläne, das Elektroauto ID.3 noch in diesem Sommer auszuliefern, sollen durch die Coronaviruskrise nicht gefährdet sein.

Vom ID.3 erhofft sich Volkswagen den Durchbruch der Elektromobiltät im Massenmarkt, hat aber Schwierigkeiten bei der Programmierung der notwendigen Software. Bisher wurden zahlreiche ID.3s ohne vollständige Software hergestellt und zwischengelagert - VW braucht also eigentlich jeden Tag, um den ehrgeizigen Zeitplan zu halten.

Zu den Werksschließungen wurde der VW-Vorstand offenbar vom in Wolfsburg traditionell einflussreichen Betriebsrat gedrängt. Aus dem Unternehmen ist zu hören, dass die Konzernführung ursprünglich lieber weiterproduziert hätte, so lange die Lieferkette funktioniert. Bei der Jahrespressekonferenz gab sich Diess allerdings geläutert: Das Wichtigste sei nun, die Ausbreitung des Virus zu verlangsamen und die Mitarbeiter zu schützen, sagte der VW-Chef.

Aus Sicht der Mitarbeitervertreter reicht die beschlossene Unterbrechung der Fertigung bisher aber nicht aus. "Im Vordergrund stand die Situation der Kolleginnen und Kollegen im direkten Bereich, wo auf den Montagelinien Schulter an Schulter an unseren Fahrzeugen gearbeitet wird", hieß es.

Zunächst wohl Unterbrechung von zwei Wochen

Das Robert-Koch-Institut empfehle jedoch etwa Mindestabstände, die an den einzelnen Arbeitsstationen nicht einzuhalten seien. "Wir dringen hier auf verbindliche Ansagen", erklärte der Betriebsrat in Richtung Management. Die geplante Aussetzung an zahlreichen Standorten sei ohnehin zu spät. "Wir erwarten jetzt einen geordneten Ausstieg aus der Fertigung."

Welche Folgen der Schritt für die Produktion beim größten Autohersteller der Welt hat und wie lange die Maßnahme anhält, ist noch unklar. VW-Chef Herbert Diess sagte, viele Standorte richteten sich auf zwei Wochen Unterbrechung ein.

Verkäufe in China abgestürzt

Der größte deutsche Industriekonzern hat weltweit mehr als 670 000 Beschäftigte, auch in vielen anderen Ländern gelten inzwischen erhöhte Vorsichtsmaßnahmen. In China, wo die Coronavirus-Pandemie ausbrach und Volkswagen zeitweilig auch schon Fabriken schließen musste, entspannte sich die Lage zuletzt wieder etwas.

Im Februar waren die Verkäufe in der Volksrepublik abgestürzt: Sie sanken im wichtigsten Einzelmarkt im Vergleich zum Vorjahr um fast drei Viertel. Der Effekt war maßgeblich dafür verantwortlich, dass auch bei globaler Betrachtung ein erhebliches Minus um 24,6 Prozent in der Absatzstatistik stand.

Auch Opel fährt Produktion herunter

Nach dem vom Mutterkonzern PSA verhängten Produktionsstopp fährt auch Opel die Produktion in seinem Stammwerk Rüsselsheim herunter. Das geschehe wie in Eisenach und Kaiserslautern an diesem Dienstag, sagte ein Sprecher des Unternehmens. Die Mitarbeiter seien noch für Abschlussarbeiten vor Ort. Zahlreiche Beschäftigte aus Entwicklung und Verwaltung hatten ihre Tätigkeit bereits in der vergangenen Woche ins Home-Office verlegt.

In Rüsselsheim wird nun das Werk geschlossen, in dem der Mittelklassewagen Insignia montiert wird. Die rund 2400 Beschäftigten hatten bereits vor der Coronakrise Kurzarbeit, weil sich das Modell nur noch mäßig verkauft. Eine bessere Auslastung wird erst ab 2021 erwartet, wenn der neue Astra in Rüsselsheim vom Band läuft.

Opel spricht derzeit mit den Arbeitnehmern und der Arbeitsagentur über die Ausweitung der Kurzarbeit, hieß es in einer internen Information vom Montag. Über Dauer, Umfang und Kopfzahl wurde zunächst nichts bekannt.

Die Opel-Mutter PSA hatte als Gründe für den Produktionsstopp Unterbrechungen in der Zulieferkette und einen deutlichen Rückgang des Absatzes genannt. Betroffen sind auch Standorte in Spanien, Frankreich, Portugal, Großbritannien und in der Slowakei.

© SZ.de/as/hgn/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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