VW-Betriebsratschef:"Niemand will Porsche seine Identität nehmen"

"Die Marke ist ein Mythos": VW-Betriebsratschef Osterloh über den Zusammenschluss von Volkswagen und Porsche - und die Stimmung in der Belegschaft.

Th. Fromm und K. Ott

Bernd Osterloh, 52, ist Vorsitzender des Gesamt- und Konzernbetriebsrats sowie Mitglied des Präsidiums des Volkswagen-Aufsichtsrates. Osterloh vertritt die Interessen von 360.000 Mitarbeitern und gilt damit als einer der mächtigsten Männer bei Europas größtem Automobilkonzern. Er sitzt auch im Porsche-Aufsichtsrat.

VW-Betriebsratschef: Bernd Osterloh

Bernd Osterloh

(Foto: Foto: ddp)

SZ: Herr Osterloh, Ihr Porsche-Kollege Uwe Hück hat beim Abschied von Konzernchef Wiedeking eine Kampfesrede für Porsche gehalten. Ist das ein schlechtes Omen für den neuen Autokonzern, in dem die Belegschaften von Porsche und VW gut miteinander auskommen sollen?

Osterloh: Nein, warum? Wir kämpfen darum, dass Volkswagen Volkswagen bleibt, und der Kollege Hück will, dass die Porsche AG auch künftig selbst über Fragen wie ihre Modellpalette entscheidet. Und diese Eigenständigkeit muss Porsche selbstverständlich haben. Das zweifelt bei VW niemand an. Denn wir beherrschen das Konzept des Mehrmarkenkonzerns. Nehmen Sie Audi oder Seat.

SZ: Wie ist denn die Stimmung in der VW-Belegschaft?

Osterloh: Dass Wiedeking und Porsche-Finanzchef Härter für unsere Beschäftigten Reizfiguren waren, ist klar. Sie haben von „heiligen Kühen“ bei VW gesprochen, die weg müssten, und das VW-Gesetz bekämpft. Damit hat man sich bei uns in Wolfsburg nicht nur Freunde gemacht. Man ist jetzt beruhigter und sieht das alles ein bisschen entspannter.

SZ: Bleibt Porsche eigenständig?

Osterloh: Die Marke ist ein Mythos, niemand will Porsche seine Identität nehmen. Das wäre doch völliger Quatsch. Wenn Porsche aber meint, dass man künftig Technologie aus dem VW-Konzern braucht - bitte, sie ist da. Das ist doch der Vorteil eines Mehrmarkenkonzerns.

SZ: Es geht aber nicht nur um Motoren, sondern auch um viel Geld.

Osterloh: Zurzeit wird darüber nachgedacht, wie die Grundlagenvereinbarung zwischen den Beteiligten aussehen kann. Wenn Sie sich Audi ansehen, stellen Sie fest, dass es klare Verträge zwischen Ingolstadt und VW gibt. Und mein Kollege Uwe Hück wird ebenso klare Regeln zwischen VW und Porsche durchsetzen.

SZ: Wird denn das VW-Gesetz auch für die Belegschaft von Porsche gelten?

Osterloh: Wir haben das VW-Gesetz immer für alle Standorte angewandt. Und das wird auch so bleiben. Gegen die Stimmen der Belegschaftsvertreter können dann keine Werke verlagert oder gar beschlossen werden.

SZ: Die Porsche-Belegschaft soll künftig von den Arbeitnehmervertretern im VW-Aufsichtsrat mitgeschützt werden?

Osterloh: Uwe Hück kann seine Belegschaft schon ganz gut alleine schützen. Aber natürlich kämpfen wir zusammen, wenn es den Zusammenhalt aller braucht, um ans Ziel zu kommen. Das VW-Gesetz ist vor allem eine Frage der Unternehmenskultur. VW steht traditionell für eine starke Mitbestimmung.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, was Osterloh in Sachen VW-Gesetz fordert.

100 Prozent für die Kollegen

SZ: In Teilen der CDU wird das VW-Gesetz bereits wieder in Frage gestellt.

Osterloh: Die Bundeskanzlerin steht hinter uns, die Bundesjustizministerin und Niedersachsens Ministerpräsident Wulff ebenso. Einzelmeinungen in der CDU nehmen wir gar nicht zur Kenntnis.

SZ: Wie lange wird der Zusammenschluss der beiden Autobauer dauern?

Osterloh: Es ist sinnvoll, so schnell wie möglich die Grundlagenvereinbarung abzuschließen, damit alle Klarheit haben. Wir lang dann der Prozess bis zu einem integrierten Automobilkonzern ist, kann ich Ihnen heute noch nicht sagen. Das muss jetzt verhandelt werden. Wichtiger für unser geschäft ist doch: Wir müssen schauen, wer was von wem lernen kann. Das ist gut für die Arbeitsplätze, die Unternehmen und die Kunden.

SZ: Soll darin auch das VW-Gesetz festgeschrieben werden?

Osterloh: Ja, das muss auch festgeschrieben werden. Wir wollen sicherstellen, dass der Zusammenschluss der Unternehmen nicht zu Lasten der Arbeitnehmer und ihrer Rechte geht.

SZ: Sie wollen das VW-Gesetz noch einmal extra festklopfen?

Osterloh: Ja, wir wollen, dass die Sperrminorität von 20 Prozent, die schon heute Bestandteil unserer Satzung ist, noch einmal abgesichert wird. Außerdem wollen wir, dass für das Land Niedersachsen dauerhaft zwei Entsendemandate in den Aufsichtsrat von Volkswagen verankert werden. Beides ist nach deutschem Aktienrecht problemlos über einen Hauptversammlungsbeschluss machbar. Wir gehen zwar davon aus, dass der Europäische Gerichtshof - wenn die Kommission das noch mal aufs Tableau heben will - zu der Überzeugung kommen würde, dass das VW-Gesetz europarechtskonform ist. Aber wenn irgendwo Gefahr droht, ist es besser, das man mit zwei Auffangnetzen arbeitet. Wenn es um Arbeitnehmerrechte geht am besten drei.

SZ: Die Familien Porsche und Piëch sollen am neuen Konzern 50 Prozent halten, das Land Niedersachsen behält 20 Prozent, und das Emirat Katar steigt ein. Für Ihren Wunsch, die Belegschaft zu beteiligen, bleiben nicht viel übrig.

Osterloh: Das hängt davon ab, worauf man sich jetzt verständigt, und wie die Gespräche mit Katar laufen. Wir möchten natürlich, dass die Belegschaften einen möglichst großen Anteil halten. Wir möchten natürlich, dass die Belegschaften einen möglichst großen Anteil halten. Um es ganz klar zu sagen: Es geht darum, eine Unternehmensbeteiligung zu bekommen und ein langfristiger, ernsthafter Aktionär zu sein. Sowohl über den Weg, wie wir dorthin kommen, als auch über die Höhe des Anteils, werden wir in den nächsten Tagen sprechen.

SZ: Gibt es da schon Signale, dass alle damit einverstanden sind?

Osterloh: Wir setzen keine Forderungen ab, von denen wir der Meinung sind, dass wir sie nicht durchsetzen können.

SZ: Wie hoch soll der Anteil sein?

Osterloh: Das ist eine Frage der Verhandlung. Am liebsten hätte ich für die Kollegen 100 Prozent. Aber das wird nicht zu machen sein. Im Ernst: Es sollte ein Anteil sein, mit dem man eine politische Rolle spielen kann.

SZ: Was fordern Sie darüber hinaus?

Osterloh: Für uns ist wichtig, dass das Ziel eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags von Porsche in Richtung VW aufgegeben wird.

SZ: Aber das würde sich doch erledigen, wenn VW Porsche übernimmt.

Osterloh: Nicht unbedingt. Es könnte langfristig immer jemanden geben, der das Thema wieder auf die Agenda setzt. Daher wollen wir das schriftlich haben.

SZ: Befürchten Sie, die Familien Porsche und Piëch könnten auf die Idee kommen, als Großaktionäre bei VW selbst einen Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrag abzuschließen, um die Überschüsse für sich selbst zu nutzen?

Osterloh: Das glauben wir nicht. Aber wir hätten das gerne schriftlich. Das gehört in die Grundlagenvereinbarung. Ich kenne die Piëchs und Porsches, mit denen wir es heute zu tun haben, mehr oder weniger gut. Aber ich weiß ja nicht, was in ein paar Jahren kommt. Und ich bin auch nicht ewig Betriebsratschef.

SZ: Wie werden die Eigentumsverhältnisse bei VW in einem Jahr aussehen?

Osterloh: Schwierig. Das ist ein sehr komplexes Thema. Wichtig ist, dass wir eine stabile Aktionärsstruktur haben und das land Niedersachsen in jedem Fall mehr als 20 Prozent hält.

SZ: Befürchten Sie, dass im Zuge der Wirtschaftskrise große Sparrunden auf Volkswagen zukommen?

Osterloh: Wir haben uns bis jetzt gut behauptet. Wir wissen zwar nicht, wie das nächste jahr aussieht. Aber es wird für uns beherrschbar sein. Und Kostendisziplil braucht es immer. Nicht nur in schwierigen Jahren.

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