Autoindustrie:VW verhängt Bestellstopp für Hybridautos

Autoindustrie: Große Nachfrage, aber auch viele Unsicherheiten. Wer heute ein VW-Elektroauto bestellt, bekommt es möglicherweise erst in einem Jahr.

Große Nachfrage, aber auch viele Unsicherheiten. Wer heute ein VW-Elektroauto bestellt, bekommt es möglicherweise erst in einem Jahr.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Auch bei Audi gibt es vorerst keine Plugin-Modelle mehr. Das liegt an fehlenden Teilen - und daran, dass Kunden sonst unter Umständen Tausende Euro Förderung durch die Lappen gehen.

Von Christina Kunkel

Ein Liter Benzin kostet mehr als zwei Euro und kein Ende der Preisspirale ist in Sicht: Wer schon länger mit dem Gedanken gespielt hat, seinen Verbrenner nicht nur aus Umweltgründen, sondern auch wegen der niedrigeren Unterhaltskosten gegen ein reines Elektroauto oder einen Plugin-Hybrid zu tauschen, dem könnte die Fahrt an die Zapfsäule jetzt den entscheidenden Kick gegeben haben. Doch einfach ins Autohaus gehen, sich das Wunschmodell aussuchen und in ein paar Monaten steht der Wagen vor der Tür und die Umweltprämie vom Staat ist auf dem Konto - das könnte schiefgehen.

Dass einige Elektroautos wie etwa der VW ID3 oder der Skoda Enyaq so lange Lieferzeiten haben, dass man sie frühestens nächstes Jahr bekommt, haben die Kunden schon länger erfahren. Doch wer sich für einen Plugin-Hybrid des VW-Konzerns interessiert, der schaut aktuell komplett in die Röhre. Aus Händlerkreisen sickerte durch, dass die Wolfsburger für Modelle mit Hybrid-Antrieb einen Bestellstopp verhängen. Am Mittwoch sollen "alle derzeit verfügbaren" Plug-in-Hybridversionen des Golf, Tiguan, Passat, Arteon und Touareg nun vorerst zum letzten Mal von den Kunden geordert werden können. Auch für diese Exemplare könne aber eine Auslieferung im laufenden Jahr nicht garantiert werden. Die Konzernzentrale in Wolfsburg bestätigte den Schritt am Dienstag auf Anfrage. Auch bei Audi kann man vom 10. März an bis auf weiteres keine Plugin-Hybride sämtlicher Modellreihen mehr bestellen, sagte ein Unternehmenssprecher der SZ.

Fehlende Computerchips und Kabelbäume bremsen gerade bei allen Herstellern die Produktion aus

Doch warum zieht man in Wolfsburg und Ingolstadt bei den teil-elektrischen Fahrzeugen jetzt die Reißleine? VW nennt anhaltende Probleme in der Chipversorgung und bei weiteren Zulieferungen als Grund für diesen Schritt. Zudem wird die "aktuell dramatische Situation in der Ukraine" angeführt - von dort beziehen auch andere Autohersteller Einkäufe etwa für Kabel und Kabelsysteme. Wegen fehlender Bordnetze stehen bei VW, Audi und Porsche, aber auch bei BMW in einigen Produktionsstätten die Bänder still. Tausende Mitarbeiter sind in Kurzarbeit.

Doch es gibt noch einen weiteren Grund, warum es ausgerechnet jetzt die Plugin-Hybride trifft: Zu lange und unkalkulierbare Lieferzeiten bei diesen Modellen könnten die Kunden tausende Euro kosten. Denn die Teilzeitstromer werden nur noch bis Ende des Jahres sicher durch die Umweltprämie vom Staat gefördert - und zwar mit bis zu 6750 Euro. Die Krux dabei: Den staatlichen Anteil von bis zu 4500 Euro kann der Autokäufer erst beantragen, wenn er den Wagen zugelassen hat. Verschiebt sich die Lieferung seines Autos also ins nächste Jahr, gelten die dann bestehenden Förderrichtlinien - und wie die aussehen werden, ist aktuell noch unklar. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits angekündigt, die Regeln für 2023 anpassen zu wollen. Es könnte sein, dass Plug-in-Hybride dann überhaupt nicht mehr subventioniert werden. Als sicher gilt aber, dass die Auflagen für diese Modelle mindestens verschärft werden.

BMW und Mercedes sehen aktuell keinen Grund, Plugin-Modelle aus der Bestellung zu nehmen

Bei anderen deutschen Herstellern sind Bestellstopps für Plugin-Hybride noch kein Thema. Sowohl Mercedes als auch BMW teilten auf Anfrage mit, keine derartigen Maßnahmen für ihre Teilzeitstromer zu planen. Mercedes stoppte dagegen zuletzt die Bestellungen für die E-Klasse-Limousine, für die Ende des Jahres ein Nachfolger vorgestellt werden soll. Aufgrund weltweit steigender Orderzahlen sei das Produktionsvolumen ausgeschöpft, hieß es dazu aus Stuttgart.

Doch immerhin gibt es für Fans von elektrischen Kleinwagen eine gute Nachricht: Für die Elektrovariante des kleinsten VW-Modells, den E-Up, haben die Wolfsburger kürzlich einen Bestellstopp aufgehoben. Der Wagen war wegen der Zulieferprobleme bei gleichzeitig hoher Nachfrage längere Zeit aus dem Programm genommen worden, seit März ist er aber bei einigen Händlern in einer zunächst limitierten Stückzahl wieder verfügbar.

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