Abgasskandal:Betriebsrat wirft VW-Chef Müller Konzeptlosigkeit vor

Volkswagen

Hat genug Probleme, jetzt kommt ein unzufriedener Betriebsrat hinzu: Matthias Müller, Chef von VW.

(Foto: dpa)
  • In einem Brief wirft VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh Konzern-Chef Matthias Müller Konzeptlosigkeit bei der Bewältigung der Krise vor.
  • Der Betriebsrat müsse in die Pläne des Vorstands zur Bewältigung der Abgaskrise einbezogen zu werden, fordert Osterloh.
  • Müller zeigt sich überrascht über den Angriff aus den eigenen Reihen.

Von Max Hägler, Stuttgart

Es ist ein Anwurf, der den neuen Volkswagen-Chef Matthias Müller am Freitagnachmittag kalt überrascht hat, einer aus dem eigenen Haus, verschickt per Brief an die gesamte Belegschaft. Von mangelnder Kommunikation und von Konzeptlosigkeit bei der Bewältigung des Abgasskandals ist darin die Rede.

Harte, unangenehme Worte von einem der mächtigsten Männer bei Volkswagen, von Bernd Osterloh, dem Betriebsratschef, der auch stellvertretender Vorsitzender des Aufsichtsrates ist. "Bislang haben wir nur Einzelmaßnahmen gesehen", beklagt Osterloh mit Blick auf Lösungen zum Abgasskandal, "ein Gesamtkonzept hat der Vorstand bislang nicht vorgelegt."

Der Brief ist vor allem ein Angriff

In dem Brief richtet sich Osterloh an Konzernchef Müller und VW-Markenchef Herbert Diess mit den Worten: "Wir können nur an die Herren Müller und Diess appellieren, gerade in diesen Tagen die Einigkeit zwischen Beschäftigten und Management nicht weiter durch Sprachlosigkeit auf eine Zerreißprobe zu stellen."

Der Betriebsrat müsse in die Pläne des Vorstands zur Bewältigung der Abgaskrise einbezogen zu werden. Mit den zusätzlichen finanziellen Belastungen in Höhe von zwei Milliarden Euro wegen falscher Angaben über CO₂-Werte wachse in der Belegschaft die Sorge, wie sich die Situation bei Volkswagen weiterentwickele, schreibt Osterloh und fordert den Eintritt "in geordnete Gespräche".

Zwar ist in dem der SZ vorliegenden Schreiben auch die Rede davon, dass die Belegschaft dazu stehe, die schwierige Situation gemeinsam mit dem Management zu meistern. Und die "Vorgaben" vom Aufsichtsrat in Bezug auf Transparenz würden "vom Vorstandsvorsitzenden gelebt".

Neue Probleme am Freitag

Und doch ist dieser Brief vor allem ein Angriff - den Müller nicht recht nachvollziehen kann. "Überrascht" war man im Vorstand von Inhalt und Art der Kommunikation. Man habe doch genügend Baustellen, die am Montag bei der Aufsichtsratssitzung besprochen werden sollen, da sei doch so etwas wirklich nicht nötig. Dem Vernehmen nach ist der Unfrieden vor allem dem undiplomatischen Kommunikationsverhalten von Diess geschuldet, der "per unkoordinierten und symbolhaften Einzelmaßnahmen" bei der Marke VW eine Milliarde Euro sparen will, wie aus der Belegschaft zu hören ist.

Dabei hat Volkswagen auch ohne die internen Reibereien auch am Freitag wieder neue Probleme präsentiert bekommen. In den USA, wo der Skandal seinen Lauf nahm, muss der Konzern mit einer sehr hohen Strafe rechnen. "Es ist eine sehr schwerwiegende Sache, die sicherlich zu sehr hohen Strafen führen wird", zitierte die Wirtschaftwoche die Chefin der kalifornischen Umweltbehörde CARB, Mary Nichols.

VW tut sich schwer, mit den US-Behörden ins Gespräch zu kommen

Der Fall sei der größte, unmittelbare Verstoß gegen Gesetze, den sie jemals aufgedeckt habe. Die Höhe der Strafe hängt Nichols zufolge davon ab, wer im VW-Management in die Entscheidungen zur Manipulation eingebunden war. Einfluss werde zudem haben, welche Maßnahmen der Konzern vorschlage, um das Abgasproblem abzustellen. Nicols sagte, sie habe nicht den Eindruck, dass sich VW über das wahre Ausmaß des Schadens bewusst sei, der bereits angerichtet sei.

Allerdings tut sich Volkswagen schwer, mit den US-amerikanischen Behörden ins Gespräch zu kommen: Einem dort arbeitenden VW-Manager wurde nach Informationen der Süddeutschen Zeitung bereits der Pass abgenommen. Und weil Müller ähnliches drohen könnte, ist unklar, ob er seine für die zweite Novemberhälfte geplante USA-Reise antreten wird. "Wir brauchen hier erst Rechtssicherheit", heißt es aus der Konzernspitze.

Unterdessen haben zumindest Hunderttausende VW-Fahrer eine Sorge weniger: Volkswagen will für seine Kunden mögliche Nachzahlungen bei der Kfz-Steuer wegen falscher CO₂-Angaben bezahlen. Das schrieb VW-Konzernchef Matthias Müller am Freitag in einem Brief an die 28 Finanzminister der Europäischen Union. Vom CO₂-Ausstoß hängt die Höhe der Kfz-Steuer ab. "Der Volkswagen-Konzern wird dafür einstehen, dass etwaige Mehrsteuern ausgeglichen werden", schrieb Müller.

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