VW-Affäre:Deutsche VW-Kunden sollen Geld bekommen

Volkswagen Amarok

Bundesregierung will auch deutsche VW-Kunden entschädigt sehen. Szene vor einem Volkswagen-Werksgelände (Archiv)

(Foto: dpa)
  • Nach der Abgasaffäre prüft das Justizministerium eine internationale Gleichbehandlung bei Entschädigungszahlungen des VW-Konzerns.
  • VW bleibt aber dabei, dass betroffene Kunden in Europa, anders als US-Käufer, nicht mit Einkaufsgutscheinen entschädigt werden sollen.

Von Markus Balser und Thomas Fromm, Berlin

Lange sah es in den vergangenen Monaten so aus, als würde die Bundesregierung beim VW-Abgasskandal die direkte Konfrontation mit VW scheuen. Sorgsam hatte man sich etwa eine Verteidigungsstrategie ausgearbeitet, die verhindern sollte, dass der VW-Skandal auf die deutsche Industrie durchschlägt. Spitzendiplomaten hatten in Schreiben aufgesetzt, wie man im Ausland für die "Marke Deutschland" kämpfen müsse.

Doch nun erhöht die Bundesregierung in der Abgasaffäre den Druck. Als Konsequenz aus der Abgasaffäre prüft Justiz- und Verbraucherschutzminister Heiko Maas (SPD), die Rechte der Verbraucher zu stärken. So fordert sein Ministerium eine internationale Gleichbehandlung bei Entschädigungszahlungen des Konzerns. Denn VW verspricht zwar bisher seinen US-Kunden 1000 Dollar (rund 900 Euro) Wiedergutmachung. Europäische Kunden aber gehen leer aus. "Eine Ungleichbehandlung darf es nicht geben", fordert auch Renate Künast (Grüne), die Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Recht und Verbraucherschutz.

Der Konzern bleibt dabei: Die Lage in den USA sei nicht mit der in Europa vergleichbar

Trotz aller politischen Forderungen - VW bleibt dabei: Vom Abgasskandal betroffene Kunden in Europa sollen, anders als amerikanische Käufer, nicht mit Einkaufsgutscheinen entschädigt werden. Die Situation der Kunden in den USA sei grundsätzlich anders als in Europa, sagte ein Sprecher am Montag. Nicht zuletzt, weil die dortigen Kunden länger auf die technischen Umrüstungen warten müssten als VW-Fahrer hierzulande. In Deutschland rechnet der Konzern damit, noch gegen Ende dieser Woche erste Kunden per Post über den anstehenden Rückrufplan zu informieren. Demnach könnten die ersten Dieselfahrzeuge bereits in der kommenden Woche in die Werkstätten gebracht werden - den Anfang soll, so VW, der Pick-up-Truck Amarok machen. Was fehlt, ist derzeit noch die finale Zustimmung des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA).

In Wolfsburg räumt man ein, dass zwar die technischen Lösungen akzeptiert worden seien, der formelle Beschluss zum Rückrufplan für die 2,4 Millionen Autos aber derzeit noch fehle. Beim KBA in Flensburg heißt es auf Anfrage, derzeit sei die Erlaubnis noch nicht erteilt, Informationen "über die Freigabe" lägen "nicht vor". Für den KBA-Beschluss gebe es "keinen Termin", man schließe jedoch "nicht aus", dass dies auch kurzfristig geschehen könne. Sobald das Amt grünes Licht gibt, beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit: 2173 Partner-Werkstätten von VW werden sich dann um die betroffenen 2,4 Millionen Auto kümmern müssen - über 1000 Autos kommen dann in Deutschland auf eine Werkstatt.

Angesichts neuer Auseinandersetzungen zwischen Autobranche und Verbraucherschützern plant die Bundesregierung zudem die Einrichtung einer "Schlichtungsstelle" für die Autobranche. Sie soll helfen, Streit beim Neuwagenkauf außergerichtlich zu lösen. Es gebe inzwischen unabhängig vom Fall VW ein beschlossenes Gesetz zu Schlichtungen, das womöglich auch für Fälle im Autobereich Anwendung finden könnte, sagte ein Sprecher des Ministeriums. Auch die Kontrollen für Autos sollen künftig verschärft werden.

Das Bundesverkehrsministerium kündigte an, dass sich technische Prüfdienste, die für die Hersteller tätig sind, künftig in einer Rotation abwechseln sollten, um Abhängigkeiten zu vermeiden. Die VW-Untersuchungskommission des Ministeriums schlage zudem vor, staatliche Prüfstände für Emissionsnachmessungen aufzubauen. Hersteller sollen dem Kraftfahrt-Bundesamt auch die Motorsoftware offenlegen, um möglichen Manipulationen vorzubeugen. Dass sich etwas ändern muss, hatte zuletzt auch die Autobranche eingeräumt. Daimler-Chef Dieter Zetsche sprach sich für realitätsnähere Abgastests aus. Zetsche forderte, es müssten Situationen berücksichtigt werden, in denen Autos stärker beansprucht würden.

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