VW-Affäre:Eine Spur führt zu Piëch

Der Aufsichtsratschef von VW muss Anfang Januar vor Gericht auftreten. Ein vertrauliches Papier, das seine Unterschrift trägt, könnte für dem Milliardär und Porsche-Großaktionär gefährlich werden

Hans Leyendecker

Der Unternehmenslenker Ferdinand Piëch ist bekannt für seine Vorsicht und für sein Misstrauen. In heiklen Angelegenheiten hinterlässt der ehemalige VW-Vorstandsvorsitzende und heutige VW-Aufsichtsratschef keine nachvollziehbaren Spuren.

Er habe sich in "unangenehmen Fällen dadurch aus der Schlinge gezogen, dass ich es an jemanden delegiert habe", hat der 70-Jährige den Braunschweiger Ermittlern in der VW-Affäre sein Führungsprinzip erklärt.

Jetzt findet sich erstmals doch eine schriftliche Spur, die zu Piëch führt, und das kann noch unangenehm für den Milliardär werden. Eine vertrauliche Unterlage ist aufgetaucht, die nicht in den Bergen Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft und auch nicht in der VW-Personalverwaltung aufzufinden war - das Papier trägt die Unterschriften des früheren VW-Personalvorstandes Peter Hartz und die von Ferdinand Piëch.

Am 11. Mai 1998 hatten die beiden dem damaligen VW-Betriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert "persönlich-vertraulich" mitgeteilt, mit sofortiger Wirkung werde seine bislang bei vierzig Prozent liegende VW-Rente auf fünfzig Prozent angehoben.

Dabei war vierzig Prozent schon großzügig gewesen. Volkert hatte 1992 - damals waren Piëch und Hartz noch nicht bei VW in Wolfsburg - eine Sonderzusage für seine betriebliche Altersversorgung erhalten: Das war eigentlich der Höchstsatz, und der konnte erst nach 25 Dienstjahren erreicht werden.

Die Zusage, den Höchstsatz noch einmal zu erhöhen, nährt den Verdacht, dass Piëch doch weit mehr über die Sonderbehandlung für Volkert wusste, als bislang in der VW-Affäre bekannt wurde.

"Prinzip der Augenhöhe" sollte gewährleistet werden

Anfang des Jahres war Hartz wegen Untreue in Tateinheit mit Begünstigung eines Mitglieds des Betriebsrates zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte erklärt, Piëch habe nichts von den Sonderboni in Höhe von rund zwei Millionen Euro und den Extras für Volkert gewusst. Hatte Piëch, der alles weiß, was bei VW in der Topetage passiert, wirklich keine Kenntnis von den Douceurs für den Arbeitnehmerchef?

Eine Spur führt zu Piëch

Auffällig ist, dass sich die Unterlagen über die vertraulich vereinbarten Sonderboni und der Brief vom Mai 1998 nicht in Volkerts Personalakte befanden. "Die fehlende Dokumentation ist sonderbar", sagt Volkerts Anwalt Johann Schwenn. Der 64-jährige Volkert hatte das Schreiben zu Hause entdeckt.

Schwenn hat das Papier den Richtern im Untreueprozess gegen seinen Mandanten und den früheren VW-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer überreicht. Das Dokument wurde nicht vor Gericht verlesen. Der Brief zeige, sagt Schwenn, dass Piëch "eingebunden" gewesen sei.

Volkert hatte im Vorjahr den Ermittlern erklärt, er habe Mitte 1994 Piëch angesprochen und mehr Geld gefordert, weil die "Youngster-Manager" (Volkert), die der damals neue VW-Einkaufschef Ignacio Lopez mitgebracht hatte, "sofort erheblich mehr verdient haben als unsere alteingesessenen Mitglieder. Ich habe hier interveniert".

Bei seiner Einlassung zur Anklage erklärte er am Donnerstagnachmittag im Schwurgerichtssaal des Braunschweiger Landgerichts, er habe damals Piëch darauf hingewiesen, dass seine Bezüge der "tatsächlichen Arbeitsbelastung" nicht mehr genügten. Er sei - nach Hartzscher Definition - eine Art Co-Manager gewesen.

Auch sei die Vergütung der Betriebsräte so geregelt worden, dass "das Prinzip der Augenhöhe mit der jeweiligen Managementebene" gewährleistet werden sollte. Piëch habe geantwortet: "Ich solle mir keine Gedanken machen, ich könne davon ausgehen, so behandelt zu werden wie ein Markenvorstand. Doktor Hartz würde deshalb auf mich zukommen".

Vertrauliche Werksrente

Dann fügte Volkert mit Blick auf die Richterbank hinzu, sein Ziel sei "die Anhebung des Gehalts gewesen. Mir war dabei auch wichtig, dass die Verbesserung sich auch auf meine Werksrente auswirken würde". Die Staatsanwaltschaft geht in der Anklage davon aus, Volkert habe Hartz zur Untreue mit den Sonderboni angestiftet, was der frühere Betriebsratschef bestreitet.

Hartz, so Volkert weiter, habe ihm später gesagt, ihm sei die Idee gekommen, "mir statt der verlangten Gehaltserhöhung einen zusätzlichen Sonderbonus zu zahlen, dessen Höhe er in jedem Jahr neu bestimmen wollte".

Volkert und sein Anwalt erklärten also nicht, dass auch Piëch von den Sonderboni gewusst habe, aber die vertrauliche Werksrente mit der Piëchschen Unterschrift ist schon interessant. Am 9. Januar soll Piëch als Zeuge in Braunschweig aussagen.

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