Vorstoß von Umweltkommissar Dimas:EU plant harte Strafen für Autokonzerne

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Eine der größten Industriebranchen in Europa steht vor einschneidenden Veränderungen: Falls die Modelle eines Herstellers zu viel Kohlendioxid in die Luft blasen, drohen den Unternehmen Sanktionen.

Die EU-Kommission will der Autobranche per Gesetz vorschreiben, den klimaschädlichen Kohlendioxid(CO2)-Ausstoß ihrer Neuwagen bis zum Jahr 2012 um ein Viertel auf 120 Gramm pro Kilometer zu reduzieren.

Nach Studien kostet diese Umrüstung 600 bis 3000 Euro pro Fahrzeug. Jetzt droht Umweltkommissar Stavros Dimas erstmals sogar mit Strafzahlungen. "Das Gesetz muss eingehalten werden", sagte der Grieche Bild am Sonntag. "Für den Fall, dass ein Unternehmen sich nicht an seine Verpflichtungen hält, muss es entsprechende Sanktionen geben." Zuvor hatte sich bereits Umweltminister Gabriel für Strafen stark gemacht. "Sonst nützen die ganzen Grenzwerte nichts", sagte Gabriel. Der SPD-Politiker rief die deutschen Hersteller auf, sich mehr anzustrengen.

Die Sorgen der Deutschen

Umweltexperten verweisen darauf, dass die Klimaschäden durch Autos ein besonders großes Problem seien. Während die CO2-Emissionen in Europa seit 1990 insgesamt zurückgingen, nahmen sie im Straßenverkehr um ein Viertel zu.

Deshalb könne Europa seine im März beschlossenen Klimaziele bis 2020 nur erreichen, wenn die Autos sauberer würden. Die Hersteller verfehlen ihre Selbstverpflichtung, den Ausstoß jedes Jahr auf bestimmte Werte zu verringern. Die Industrie verweist darauf, dass sie den Ausstoß durch bessere Technik senke, dieser Effekt aber durch die Nachfrage nach großen und mit vielen Extras ausgestatteten Autos konterkariert werde.

Der ehemalige VW-Chef Daniel Goeudevert wies diese Darstellung zurück. "Die Autoindustrie entwickelt bei den Kunden Erwartungen, die sie mit ihrem Angebot befriedigt", sagte Goeudevert der Süddeutschen Zeitung. Die deutsche Autoindustrie übersehe die Chancen, die in der Ökologie lägen. Die Konzerne gerieten nur deshalb durch harte Umweltauflagen unter Druck, "weil sie so viele Angriffsflächen geboten haben". Bei Autokäufern in Deutschland gilt der japanische Konzern Toyota als umweltfreundlichster Hersteller. Nach einer SZ-Umfrage folgen deutsche Hersteller mit erheblichem Abstand.

Ob die vorgeschlagenen Strafzahlungen im Gesetz verankert werden, ist noch nicht entschieden. Die EU-Mitgliedstaaten müssen die geplante Richtlinie erst annehmen. Unklar ist auch die Haltung der gesamten Kommission unter Präsident José Manuel Barroso. "Es ist die Meinung von Herrn Dimas, dass es Strafzahlungen geben sollte, mehr nicht", hieß es in Brüssel.

Derzeit wird ein Gutachten über die Kosten der Richtlinie erstellt. Nach Angaben einiger Hersteller werden sich Neuwagen um mindestens 2500 Euro verteuern. Die Preise großer Limousinen stiegen noch mehr. Als die EU-Pläne bekannt wurden, warnten deutsche Betriebsräte vor dem Verlust Zehntausender Arbeitsplätze.

In ihrem Lobbykampf hat die deutsche Autoindustrie jetzt einen ersten Erfolg erzielt. Umweltkommissar Dimas zeigt sich bereit, die neuen CO2-Grenzwerte nach Herstellern zu differenzieren. Die deutschen Konzerne produzieren im europäischen Vergleich viele große, PS-starke Wagen, das besonders lukrative sogenannte Premium-Segment.

Entsprechend hoch sind die heutigen CO2-Grenzwerte. BMW und Audi liegen mit 190 und 180 Gramm pro Kilometer deutlich über dem aktuellen EU-Durchschnitt von 160, Porsche stößt noch mehr CO2 aus. Ein einheitlicher Grenzwert für alle Hersteller, auf den Konkurrenten wie Fiat und Peugeot drängen, hätte für die deutschen Konzerne nach eigenen Angaben dramatische Folgen.

Dimas stellt deshalb unterschiedliche Obergrenzen je nach Größe und Gewicht der Fahrzeuge in Aussicht. Dann würde für Daimler oder BMW ein höherer Grenzwert gelten als für Fiat. "Die Sorgen der deutschen Autobauer sind uns bekannt, und wir nehmen sie sehr ernst", sagte der Kommissar. Sein Vorschlag werde keinesfalls zu massiven Stellenverlusten führen.

© SZ vom 10.09.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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