Vorstandsmitglied Conn:BP bereitet sich auf neue Lasten vor

Er gilt als möglicher Nachfolger von BP-Chef Hayward: Marketingvorstand Iain Conn. Peinlich achtet er darauf, Fehler wie die von Hayward zu vermeiden. Und er redet BP stark. Ein Besuch in der Konzernzentrale.

Andreas Oldag

Iain Conn residiert in einem gläsernen Büro in der BP-Zentrale am Londoner St. James Square. Für den Marketingvorstand des drittgrößten Ölkonzerns der Welt soll wohl alles transparent sein. So äußert der 47-Jährige auch umgehend sein tiefes Bedauern über die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko. "Wir stehen zu unserer Verpflichtung, die Schäden zu beseitigen", erklärt er. Ähnlich hat sich zwar auch sein Chef Tony Hayward immer wieder geäußert. Doch der jugendlich wirkende Conn verstrickt sich nicht zugleich in Larmoyanz, dass er endlich sein Leben zurückhaben wolle.

Vorstandsmitglied Conn: Iain Conn macht vieles wie sein Chef Tony Hayward, doch er verstrickt sich nicht zugleich in Larmoyanz, dass er endlich sein Leben zurückhaben wolle.

Iain Conn macht vieles wie sein Chef Tony Hayward, doch er verstrickt sich nicht zugleich in Larmoyanz, dass er endlich sein Leben zurückhaben wolle.

(Foto: Bloomberg)

Diese Bemerkung Haywards gilt mittlerweile als die PR-Panne des Jahres. Kein Zufall, dass der Schotte Conn bereits als möglicher Nachfolger von Hayward gehandelt wird. Conn begann seine Karriere Mitte der 80er Jahre bei BP und war unter anderem für die Integration der deutschen Veba Öl mit ihrer Marke Aral in den BP-Konzern zuständig.

Er selbst äußert sich allerdings nicht zu solchen Spekulationen: "Hayward hat die Rückendeckung im Unternehmen. Da gibt es keinen Grund anzunehmen, dass er seine Position aufgibt", erklärt Conn.

BP wird überleben

Ebenso brüsk weist Conn Berichte zurück, dass der Konzern durch die hohen Kosten bei der Bewältigung der Katastrophe in eine Existenzkrise geraten könnte. "BP wird überleben. Das Unternehmen hat einen starken Cash-Flow, um den uns viele Wettbewerber beneiden", so Conn. Nach seinen Angaben wird BP in den nächsten zwölf Monaten auf einen operativen Mittelzufluss (Cash-Flow) von etwa 35 Milliarden Dollar, also 28 Milliarden Euro, nach Steuern kommen. Hinzu kommen prognostizierte Einnahmen aus dem Beteiligungsverkauf von zehn Milliarden Dollar.

Von der Gesamtsumme müssten Kosten für die Aufräumarbeiten sowie Entschädigungen von 11,5 Milliarden Dollar abgezogen werden, ebenso wie anstehende Investitionen. "Es bleiben uns etwa 15 Milliarden Dollar. Zweifellos trifft uns die Katastrophe. Doch wir sind ein kerngesundes Unternehmen."

Analysten schätzen inzwischen die Gesamtkosten der Ölkatastrophe auf bis zu 60 Milliarden Dollar. Diese würden jedoch über einen Zeitraum von mehreren Jahren anfallen, insbesondere was die langwierigen Entschädigungsklagen in den USA betrifft. Außerdem werden sich nach Meinung von Juristen die Partnerunternehmen von BP im Golf von Mexiko, darunter die US-Gesellschaft Anadarko, kaum vor einer Kostenbeteiligung drücken können.

Wie BP an Geld kommen möchte

Zufrieden zeigt sich der BP-Marketingchef über den mit der US-Regierung ausgehandelten Entschädigungsfonds mit einem Volumen von 20 Milliarden Dollar. Das gebe dem Unternehmen größere Planungssicherheit, weil die sukzessive Auszahlung über einen Zeitraum von drei Jahren bis 2013 festgelegt sei. Washington habe damit auch Abstand genommen, BP mit , "überzogenen" Forderungen zu konfrontieren, wie zum Beispiel nach Übernahme der Löhne von Beschäftigten auf anderen, derzeit still stehenden Bohrinseln. Diese Ansprüche seien mit einer einmaligen Zahlung von BP in Höhe von 100 Millionen Dollar abgegolten worden, so Conn. "Washington ist sich bewusst, dass BP ein starkes Unternehmen bleiben muss", sagt Conn. Etwa 39 Prozent seiner Anteilseigner hat BP in den USA.

Spekulationen um Aral weist Conn zurück

Conn bestätigt, dass der Konzern daran arbeitet, sich für mögliche weitere Schadensersatzklagen ein dickeres Finanzpolster anzuschaffen. Neben einer Schuldverschreibung von zehn Milliarden Dollar geht es um den Verkauf von Beteiligungen und Randgeschäften. Um welche Aktivitäten es sich dabei handelt, will Conn nicht sagen. Spekulationen, dass sich BP von seinen Nordsee-Aktivitäten oder auch den deutschen Aral-Tankstellen trennen wolle, weist er jedoch zurück.

Keinen Zweifel lässt Conn daran, dass BP wie auch die gesamte Branche an Tiefseebohrungen festhalten werde. Dies begründet der Marketingvorstand mit der weiter steigenden Nachfrage nach fossilen Energieträgern. Conn räumt allerdings ein, dass sich BP im Falle der am 20. April explodierten Plattform Deepwater Horizon geirrt habe. "Wir sind dabei, die Ursachen zu untersuchen. Man sollte sich aber jetzt vor voreiligen Schlussfolgerungen hüten", meint Conn. Ähnlich wie nach dem Tankerunglück der Exxon Valdez 1989 vor der Küste Alaskas, das die Industrie zur Herstellung sichererer Tankschiffe veranlasste, werde auch Deepwater Horizon zu einschneidenden Maßnahmen führen. Conn nennt ein verbessertes Risiko-Management, aber auch eine effizientere Aufsicht und Regulierung der Branche.

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