Vor Gericht:Goldman gegen den Rest der Welt

Shoppers In Berlin As Euro Area Consumer Prices Drop

Alle Karstadt-Filialen sollen demnächst digital vernetzt sein und zu kleinen Lieferzentren in der Stadt umgebaut werden.

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)

Investoren werfen den Immobilienfonds der US-Investmentbank vor, sie nach der Karstadt-Rettung hereingelegt zu haben.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Es war der 2. September 2010, kurz vor Mitternacht, als sich die Karstadt-Gläubiger endlich einigten. Wenige Minuten später - und das Traditionsunternehmen wäre wohl mit 25 000 Mitarbeitern abermals in die Pleite gerutscht. Erst im letzten Moment akzeptierten die Geldgeber, mehrere internationale Großbanken und einige Hedgefonds, die Bedingungen: Karstadt senkte die Mieten; die Gläubiger verzichteten auf Zinsen für ihre Kredite. Der Konzern konnte an den Milliardär Nicolas Berggruen verkauft werden.

Die Warenhäuser gehörten da längst nicht mehr Karstadt: Schon Jahre zuvor hatte der damalige Vorstandschef Thomas Middelhoff 170 Kaufhäuser verkauft, um den Konzern zu sanieren. Käufer war ein Konsortium namens Highstreet, kontrolliert durch Fonds der Großbanken Goldman Sachs und Deutsche Bank. Den Preis von 4,5 Milliarden Euro finanzierte Highstreet vor allem mit Krediten anderer Banken und Fonds. Karstadt sollte mit dem Geld auf die Beine kommen, Highstreet Kredite und Zinsen bis 2017 per Weiterverkauf der Häuser zurückzahlen.

So weit, so normal. Im Hintergrund aber hat sich dazu längst ein handfester Rechtsstreit entzündet. Die Kreditgeber werfen den Highstreet-Fonds vor, sie dabei an der Nase herumgeführt zu haben. Allen voran die französische Großbank Crédit Agricole, aber auch mehrere Hedgefonds fühlen sich hereingelegt. Es heißt mal wieder: Goldman Sachs gegen den Rest der Welt.

Der Streit um die Immobilien wird seit Ende vergangener Woche vor Gericht ausgetragen

Ende vergangener Woche traf man sich erstmals vor dem Frankfurter Landgericht. Die Investoren um Crédit Agricole werfen den "Goldmänner"-Fonds vor, ihnen eine Kompensation für den Zinsverzicht vom September 2010 vorzuenthalten. Es geht nicht um Peanuts, sondern um 130 Millionen Euro Zinsen für eine Darlehenstranche von insgesamt rund 1,47 Milliarden Euro. Die Kläger behaupten, dass in jener Septembernacht vereinbart worden sei, die Immobilien bis spätestens Mitte 2017 zu verkaufen, um mit dem Erlös den Zinsverzicht auszugleichen. Was passieren soll, wenn nach Ablauf der Frist eben nicht alle Immobilien verkauft sind, sei in der Hektik nicht geregelt worden.

Dazu muss man wissen, dass die Geldgeber sogenannte "Mezzanine-Gläubiger" sind, die erst entschädigt werden, wenn noch etwas übrig ist. Sie fürchten nun, Highstreet werde die Restimmobilien erst nach Fristablauf verkaufen und den Erlös selbst kassieren. Tatsächlich zeigt eine Präsentation der Verkäufe, dass der Highstreet-Fonds Anfang 2015 fast aufhörte, die Immobilien zu verkaufen.

Highstreet bestreitet die Vorwürfe. Noch besitzt der Fonds rund 40 Kaufhäuser - die meisten in weniger attraktiven Lagen. "Wir sind fest davon überzeugt, dass die Forderungen jeder rechtlichen Grundlage entbehren", sagt ein Sprecher. Der Vertrag sei klar und eindeutig: Es gebe keinerlei Verpflichtung, Immobilien bis zu einem gewissen Zeitpunkt zu verkaufen, und auch keinen Anspruch auf Kompensationszahlungen nach dem Auslaufen der Vereinbarung am 20. Juli 2017. Im Umfeld des Konsortiums wird darauf verwiesen, dass die Kläger auch so ihren Schnitt gemacht hätten, weil mehrere die Darlehen zu günstigen Kursen gekauft hätten.

Der zuständige Richter am Landgericht will es zum Leidwesen der Goldman-Fonds jetzt trotzdem ganz genau wissen. Bei der ersten Anhörung vergangene Woche forderte er zunächst eine Übersetzung des umfangreichen Vertragswerkes. Der nächste Verhandlungstermin? Erst im Februar 2018.

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