Vor G-20-Gipfel in Pittsburgh:Krach zwischen Merkel und Brown

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Kurz vor dem Weltfinanzgipfel in Pittsburgh dringt Deutschland auf schärfere Regeln für Banken, der britische Premier will den Finanzplatz London aber schützen.

Claus Hulverscheidt

Unmittelbar vor Beginn des Finanzgipfels in Pittsburgh hat die Bundesregierung den britischen Premierminister und G-20-Vorsitzenden Gordon Brown scharf attackiert. Finanzminister Peer Steinbrück warf der Regierung und der Finanzindustrie in London vor, Reformen zu blockieren und Wettbewerbsvorteile "mit Zähnen und Klauen" zu verteidigen.

Großbritanniens Premier Gordon Brown (links) und Bundeskanzlerin Angela Merkel: Die Briten bemühen sich offenbar hinter den Kulissen darum, die Regeln für die Finanzbranche möglichst unverbindlich zu gestalten. (Foto: Foto: AP)

In G-20-Kreisen hieß es, die Briten hintertrieben sowohl eine klare Begrenzung der Managergehälter als auch schärfere Eigenkapitalregeln für die Banken.

Die Staats- und Regierungschefs der 20 großen Industrie- und Schwellenländer (G20) kommen an diesem Donnerstag und Freitag zu ihrem dritten Treffen binnen 18 Monaten zusammen.

Briten spielen auf Zeit

Ziel ist eine neue Weltfinanzordnung, die verhindert, dass große Banken die globale Wirtschaft mit riskanten Spekulationsgeschäften noch einmal an den Rand des Zusammenbruchs treiben können.

Wie aus den G-20-Kreisen verlautete, bemüht sich hinter den Kulissen aber vor allem Großbritannien darum, die Regeln für die Finanzbranche möglichst unverbindlich zu gestalten.

Während die Kontinentaleuropäer und die USA die Banken etwa zwingen wollen, mit zunehmender Größe und globaler Verflechtung immer mehr Eigenkapital als "Risikopuffer" vorzuhalten, spielen die Briten auf Zeit. Sie hoffen, dass der Reformeifer erlahmt, sobald sich die Weltwirtschaftskrise ihrem Ende zuneigt.

Das Gleiche gilt für die vielkritisierten Bonuszahlungen an Manager und Wertpapierhändler: Während Deutsche und Franzosen die Zusatzleistungen verbindlich auf das Zwei- oder Dreifache des Festgehalts begrenzen wollen, kämpfen Briten, aber auch Amerikaner, Kanadier und Australier dafür, es bei einer "Empfehlung" zu belassen.

Größere Folgen in Großbritannien

Dass sich vor allem Brown für möglichst laxe Regeln einsetzt, hat einen Grund: In Großbritannien mussten in den letzten Jahrzehnten viele Unternehmen schließen, weil sie international nicht mehr wettbewerbsfähig waren. Um dies aufzufangen, lockerte die Regierung die Regeln für Banken und Investmentfonds und baute London so zu einem der wichtigsten Finanzplätze der Welt aus.

Mittlerweile steuert die Finanzbranche 15 Prozent zur gesamtwirtschaftlichen Leistung bei. Strengere Regeln hätten somit viel größere Folgen als etwa in Deutschland, wo die Quote nur sechs Prozent beträgt.

Steinbrück sagte dem Magazin Stern, es gebe in London eine starke Lobby, die Veränderungen mit aller Macht verhindern wolle. Vor allem die Regulierung hochspekulativer Hedgefonds falle den Briten schwer - "um es höflich zu sagen".

Kritik auch an der Deutschen Bank

Der Minister, der gemeinsam mit Kanzlerin Angela Merkel an dem Treffen in Pittsburgh teilnehmen wird, kritisierte allerdings auch die heimischen Geldhäuser. Wenn er höre, dass die Deutsche Bank weiter eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent anstrebe, dann schnappe er "durchaus nach Luft". Solche Renditen "lassen sich auf Dauer nur erzielen, wenn man das Gleichgewicht auf den Märkten beschädigt", sagt Steinbrück.

Nach Angaben aus Berliner Regierungskreisen bereitet Deutschen und Franzosen noch ein zweiter Vorschlag der Briten größte Sorge: So wolle Brown die Partner zu weiteren Konjunkturprogrammen verpflichten, die von der G20 als einer Art Weltwirtschaftsregierung gebilligt werden müssten.

"Wir sollen seine Wirtschaft, der es am schlechtesten von allen geht, mit unserem Geld aus dem Sumpf ziehen", hieß es in den Kreisen. "Wir werden aber nicht unsere neue Schuldenregel wegwerfen, nur weil die Briten meinen, dass sie den weltweiten Konsum dämpft."

© SZ vom 24.09.2009/pak - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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