Vonovia:Einzug abgelehnt

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SZ-Grafik; Quelle: GdW, Unternehmensangaben (Foto: gh)

Deutschlands größter Vermieter Vonovia scheitert mit feindlicher Übernahme. Nur gut ein Viertel der Investoren traten Deutsche-Wohnen-Papiere ab.

Von Benedikt Müller, München

Was Rolf Buch versucht hat, ist in Deutschland ziemlich unüblich: Der Chef des größten Vermieters Vonovia wollte die Nummer zwei auf dem Wohnungsmarkt, Deutsche Wohnen, feindlich übernehmen. Mindestens die Hälfte der Aktionäre wollte Buch überzeugen, ihre Anteile an Vonovia zu verkaufen. So hätte er die Kontrolle über den Konkurrenten erlangt - und einen Konzern mit über 500 000 Wohnungen schaffen können. Obwohl sich Deutsche Wohnen mit Kräften wehrte.

Doch am Mittwoch musste Buch zurückrudern: "Wir stellen fest, dass wir nicht die erforderliche Anzahl Aktien für eine erfolgreiche Übernahme angedient bekommen haben." Nur gut ein Viertel der Investoren traten ihre Papiere ab; fünf Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien hatte Vonovia zudem selbst gekauft. Für eine Mehrheit reicht das lange nicht. "Das Ergebnis ist nicht das, was ich mir gewünscht habe", gestand Buch ein. Einschließlich der Schuldenübernahme hatte Vonovia 14 Milliarden Euro für Deutsche Wohnen geboten.

Damit geht ein monatelanger Poker zu Ende, den Vertreter der Mieter und zuletzt auch einige Investoren kritisierten. Das Duell der Marktführer war Höhepunkt einer ganzen Reihe von Milliarden-Deals auf dem hiesigen Wohnungsmarkt. Der Dax-Konzern Vonovia ist erst im vergangenen Jahr aus dem Zusammenschluss der Firmen Deutsche Annington, Gagfah und Südewo hervorgegangen. Auch die im M-Dax notierte Deutsche Wohnen hat die Niedrigzinsen der vergangenen Jahre genutzt, um Wohnungspakete aufzukaufen. Gehandelt werden vor allem Immobilien, die einst die öffentliche Hand oder große Konzerne gebaut hatten, aber privatisiert wurden.

Investoren legen viel Geld in deutsche Wohnungskonzerne an - doch sie wollen mehrere Anbieter

In keinen Wohnungsmarkt in Europa strömt zurzeit so viel Kapital wie in den deutschen, erklärt Matthias Pink, Immobilienforscher bei der Beratungsgesellschaft Savills: "Viele internationale Investoren legen Geld in deutsche Wohnungsgesellschaften an, weil die Nachfrage nach Wohnungen in den großen Städten weiter steigt." Das billige Kapital treibt den Handel mit Immobilien. "Die börsennotierten Wohnungsgesellschaften verfolgen eine klare Wachstumsstrategie", sagt Pink.

Während Vonovia bundesweit Einheiten gekauft (und teils wieder verkauft) hat, vermietet Deutsche Wohnen vor allem Wohnungen in Berlin, wo die Immobilienpreise zuletzt besonders stark stiegen. Deshalb konnte Deutsche Wohnen die Mieten stärker erhöhen und hat die niedrigere Verschuldung - dafür lockt Vonovia Investoren mit einer höheren Dividende. Beide Konzerne haben zweistellige Millionenbeträge ausgegeben, um in den vergangenen Wochen Investoren von ihrer jeweiligen Strategie zu überzeugen. Bei Deutsche Wohnen herrscht Erleichterung, dass die Aktionäre dem Management nicht in den Rücken gefallen sind. "Unsere Argumente gegen die Transaktion haben den Markt überzeugt", sagte der Chef Michael Zahn.

Argumente gegen den Rekord-Deal auf dem hiesigen Immobilienmarkt brachten auch Mietervertreter vor. "Die Übernahme der Deutsche Wohnen hätte den Druck zur Kostensenkung einerseits und Steigerung der Einnahmen andererseits erhöht", sagt Silke Gottschalk vom Mieterbund Nordrhein-Westfalen. "Es wäre nicht verwunderlich, wenn anschließend die Mieten gestiegen wären." Auch die Gewerkschaft Verdi kritisierte, die vielen Fusionen auf dem Wohnungsmarkt seien rein an Interessen der Investoren ausgerichtet. Die versprochenen Synergien wären zum Teil zulasten der Beschäftigten gegangen.

Rolf Buch dagegen betonte am Mittwoch, sein Fusionsplan sei "im Interesse aller Stakeholder" gewesen. Deshalb sehe er keinen Grund, persönliche Konsequenzen aus der gescheiterten Übernahme zu ziehen. Analyst Georg Kanders vom Bankhaus Lampe pflichtet bei, die niedrige Annehmequote sei für das Management "kein Beinbruch". Schließlich habe Buch durch sein Übernahmeangebot verhindert, dass Deutsche Wohnen die Nummer drei auf dem Wohnungsmarkt, LEG aus Düsseldorf, übernimmt. "Die Investoren bevorzugen offenbar, die Auswahl zwischen verschiedenen Wohnungskonzernen in Deutschland zu haben", so Kanders.

Vonovia und Deutsche Wohnen gehören zwar zu den größten Immobilienfirmen in Europa. Doch weil Deutschland traditionell ein Land der Mieter ist, gibt es hier viele Mietimmobilien (siehe Grafik). Bundesweit kommt Vonovia auf einen Marktanteil von 1,6 Prozent - will diesen aber durch weitere Zukäufe ausbauen. Nur für Deutsche Wohnen darf Rolf Buch nun mindestens ein Jahr lang nicht bieten. So steht es im Gesetz.

© SZ vom 11.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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