Süddeutsche Zeitung

Vonovia und Deutsche Wohnen:Monopoly um Mietshäuser

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Die Fusion der beiden größten Vermieter Deutschlands ist vorerst gescheitert. Doch Investoren ermuntern Vonovia, gleich noch mal auf Deutsche Wohnen zu bieten.

Von Benedikt Müller-Arnold, Düsseldorf

Wenn die Fusion zweier Firmen scheitert, dann geschieht Ähnliches wie nach der geplatzten Hochzeit eines Paares: Die Partner, die den Bund fürs Leben schließen wollten, suchen Schuldige. Opponenten, die den Zusammenschluss nie wollten, atmen auf. Und mancher Partygast hofft, dass die Partner später zueinander finden. Dass es doch noch was zu feiern gibt.

All das lässt sich im Fall von Vonovia finden: Deutschlands größter Wohnungskonzern wollte für gut 18 Milliarden Euro Deutsche Wohnen übernehmen, den größten privatwirtschaftlichen Vermieter Berlins. Gemeinsam wollten beide den führenden Immobilienkonzern Europas bilden, mit 560 000 Wohnungen in Deutschland, Schweden und Österreich.

Doch daraus wird vorerst nichts, wie Vonovia nun endgültig einräumt: Der Konzern hat nur knapp 48 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien eingesammelt. Beide Firmen hatten 50 Prozent als Minimum gesetzt. Vonovia hatte die Märkte bereits am Freitag mit vorläufigen Zahlen auf das Scheitern eingestellt.

Zu den Erleichterten zählt nun der Deutsche Mieterbund. "Den Mieterinnen und Mietern hätte eine Fusion überhaupt nicht geholfen", sagt Präsident Lukas Siebenkotten. "Wir sehen keine Vorteile darin, wenn wir immer größere Wohnungskonzerne bekommen."

Auf der Suche nach Schuldigen nennt Vonovia indes gleich zwei Verdächtige: Zum einen hätten Hedgefonds beträchtliche Teile der Deutsche-Wohnen-Aktien gekauft. Sie spekulierten offenbar darauf, dass sie in einem späteren Abfindungsangebot noch einen höheren Preis pro Anteilsschein ergattern könnten. Also gaben sie ihre Aktien zunächst nicht ab. Zum anderen seien ETFs zu etwa 20 Prozent an Deutsche Wohnen beteiligt. Diese passiven Fonds bilden Indizes wie zum Beispiel den Dax nach. Auf ein Übernahmeangebot reagieren sie erst, wenn eine Firma wie Deutsche Wohnen einen Index wie den Dax verlassen muss. ETFs konnten Vonovias Offerte mithin ebenfalls nicht annehmen.

Die Deutsche-Wohnen-Aktie steigt am Montag zeitweise über den Preis, den Vonovia geboten hatte

Wie sehr Investoren dennoch auf ein glückliches Ende hoffen, lässt sich am Aktienkurs von Deutsche Wohnen ablesen. Dieser notierte am Montag zeitweise knapp über jenen 52 Euro, die Vonovia je Anteilsschein geboten hatte.

Das hat damit zu tun, dass Vonovia nach eigenen Angaben die möglichen Optionen "nun sorgfältig prüfen" will, dazu zähle auch ein erneutes Angebot. Eigentlich schreibt das Gesetz vor, dass ein Bieter wie Vonovia ein Jahr lang mit einer neuerlichen Offerte warten müsste - es sei denn, der Vorstand von Deutsche Wohnen stimmt abermals zu. Vonovia hat selbst schon gut 18 Prozent der Deutsche-Wohnen-Aktien gekauft. Daher nennt der Konzern noch weitere Optionen: Er könnte diesen Anteil entweder verkaufen oder auch aufstocken.

"Ein Zusammenschluss beider Unternehmen ergibt sowohl wirtschaftlich wie gesellschaftspolitisch viel Sinn", sagte Vonovia-Chef Rolf Buch auch nach der gescheiterten Offerte. Die Konzerne verweisen etwa auf anstehende Milliardeninvestitionen in den Neubau und die Aufstockung von Wohnhäusern, aber auch in die Sanierung sowie in neue Energiesysteme für eine klimaschonende Zukunft.

Hinzu kommt, dass der politische Druck auf prosperierende Großvermieter gestiegen ist, vor allem in Berlin. Das Land hatte zunächst vergeblich versucht, den Anstieg der Wohnkosten mit einem Mietendeckel zu stoppen. Mittlerweile hat eine Initiative genug Unterschriften gesammelt, damit die Stadtbevölkerung im September über den Vorschlag abstimmen kann, privatwirtschaftliche Großvermieter in der Hauptstadt zu enteignen. Größtes Feindbild ist hierbei der Deutsche-Wohnen-Konzern, dessen Immobilien zu 70 Prozent in Berlin stehen. Vonovia ist breiter aufgestellt, mit jeweils Zehntausenden Wohnungen auch im Ruhrgebiet, im Rheinland oder in Dresden.

Investoren hoffen noch immer darauf, dass diese Portfolios zusammenfinden. "Vonovia sollte es noch einmal versuchen", kommentiert etwa Kai Klose, Analyst der Privatbank Berenberg. Aus Sicht des Konzerns hat die Forderung bloß einen Nachteil: "Es ist klar, dass dafür eine neue und höhere Offerte vorgelegt werden müsste", so Klose. Es wäre genau jener Fall, den so mancher Partygast erhoffte.

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