Von der Nasdaq zur New York Stock Exchange:Facebook erwägt angeblich Börsenwechsel

Nach dem Chaos beim Börsengang soll Facebook über einen Wechsel von der Technologiebörse Nasdaq zur traditionsreichen New York Stock Exchange nachdenken. Die Pannen beim Start beschäftigen inzwischen nicht nur Gerichte und Finanzaufsicht, sondern auch den US-Kongress.

Der Facebook-Börsengang startete im Chaos, das Image der Technologiebörse Nasdaq hat dabei schwer gelitten. Sie hat den Ärger der Investoren auf sich gezogen, die stundenlang im Unklaren über den Status ihrer Aufträge geblieben waren und beklagten, sie hätten durch die technischen Pannen Geld verloren. Einige Investoren reichten sogar Klage gegen die Nasdaq-Betreibergesellschaft ein.

Jetzt soll auch Facebook selbst über Konsequenzen nachdenken. Nach Informationen mehrerer US-Medien erwägt das Netzwerk, wegen der massiven technischen Pannen beim Handelsstart die Börse zu wechseln. Facebook könnte demnach von der rein computergestützt arbeitenden Nasdaq zur New York Stock Exchange (NYSE) überlaufen. Der traditionsreiche Handelsplatz besitzt neben dem modernen Computerhandel auch noch einen Parketthandel, bei dem Menschen direkt miteinander Aktien kaufen und verkaufen.

Wie der Fernsehsender CNBC und die Finanznachrichtenagentur Bloomberg berichteten, standen Mitarbeiter von NYSE und Facebook in Kontakt. Beide Medien beriefen sich bei ihren Informationen auf eingeweihte Personen. Allerdings dementierte ein NYSE-Sprecher vehement: Es habe keine Gespräche zu dem Thema gegeben. "Wir denken auch nicht, dass es angebracht wäre, darüber Gespräche zu dieser Zeit zu führen."

Es ist durchaus üblich, dass Unternehmen ihren Börsenplatz wechseln. Die beiden Konkurrenten NYSE und Nasdaq verlangen unterschiedliche Gebühren und bieten unterschiedliche Leistungen an. Allerdings wäre ein Wechsel so kurze Zeit nach dem Börsenstart sehr ungewöhnlich.

Unterdessen werden immer mehr Details zu den Abläufen vor der Aktienemission bekannt. Wie das Wall Street Journal berichtet, soll David Ebersman, der Finanzchef von Facebook, kurz vor dem Börsengang im Alleingang die Aufstockung der auszugebenden Aktien um 25 Prozent beschlossen haben.

Die Entscheidung von Ebersman, die Zahl der Anteilsscheine zu erhöhen, könne den Börsengang "zum Scheitern verurteilt" haben, berichtete die Zeitung unter Berufung auf rund ein Dutzend Interviewpartner, die an dem Prozess beteiligt gewesen seien.

Wichtigster Vertrauter von Ebersman sei Michael Grimes gewesen, der bei der beim Börsengang federführenden Bank Morgan Stanley für die Technologiesparte zuständige Ko-Direktor für Bankgeschäfte. Dieser habe Ebersman versichert, dass die Nachfrage stark sei, was letztendlich nicht der Fall gewesen sei. "Dieser Börsengang war das Werk von Ebersman und Grimes", zitierte das Wall Street Journal eine mit den Vorgängen vertraute Person.

Der mit Spannung erwartete Beginn des öffentlichen Handels mit Facebook-Aktien am Freitag hatte wegen eines Softwarefehlers erst mit einer Verspätung von einer halben Stunde begonnen. Es habe "ganz klar Fehler" gegeben, räumte Nasdaq-Chef Robert Greifeld ein. Nach einem durchwachsenen Tag schloss die Aktie gerade einmal 23 Cent über dem Ausgabewert. Nach einer weiteren Talfahrt am Montag und Dienstag erholte sich der Kurs am Mittwoch leicht, die Aktie schloss mit einem Preis von 32 Dollar.

Kongressausschüsse untersuchen verpatzten Börsengang

Das verpatzte IPO (initial public offering) wird von den Behörden geprüft und ist inzwischen Gegenstand zahlreicher Klagen. Medienberichten zufolge reichten drei US-Investoren am Mittwoch bei einem Bundesgericht in Manhattan Klage gegen das soziale Online-Netzwerk sowie die Banken ein, die den weltgrößten Börsengang eines Internetunternehmens eingefädelt hatten.

Auslöser seien Berichte gewesen, die Investmentbank Morgan Stanley hätte unvorteilhafte Änderungen an Analysen zu Facebook nur unzureichend veröffentlicht, meldete das Wall Street Journal. US-Finanzaufseher untersuchen inzwischen, ob die Bank lediglich einige handverlesene Kunden über einen negativen Analystenbericht informierte.

Neben der Finanzaufsicht befassen sich auch zwei Kongressausschüsse mit dem verpatzen Börsengang. Der Vorsitzende des für Bankangelegenheiten zuständigen Senatsausschusses, der Demokrat Tim Johnson aus South Dakota, sagte, man werde sich um Gespräche mit Facebook-Vertretern, Aufsichtsbehörden und anderen Parteien bemühen. Nach den Gesprächen werde er darüber entscheiden, ob es eine Anhörung geben sollte, sagte Johnson. "Es gibt einiges, was wir über diesen Börsengang nicht wissen", sagte auch der demokratische Senator Sherrod Brown.

Wie am Mittwoch ebenfalls bekannt wurde, will sich auch der für Finanzdienstleistungen zuständige Ausschuss im US-Repräsentantenhaus mit Facebook auseinandersetzen.

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