Von April an 30 Prozent weniger:Solarförderung sinkt drastisch

In Deutschland wird die Sonnenenergie üppig gefördert - noch. Minister Rösler wollte sie kürzen, Umweltminister Röttgen hielt monatelang dagegen. Nun haben sie sich geeinigt und beschlossen, die Förderung für Solarenergie von April an kräftig zu senken. Einschnitte, die die Solarwirtschaft für nicht verkraftbar hält.

Michael Bauchmüller

Diesen Donnerstag, mittags um halb eins, soll es so weit sein. Philipp Rösler und Norbert Röttgen, gemeinsam auf dem Podium der Bundespressekonferenz in Berlin - mit großem Friedensschluss. Monatelang hatten sich der FDP-Wirtschaftsminister Rösler und der Umweltminister von der CDU beharkt. Entweder kamen Treffen nicht zustande, weil sich der Wirtschafts- und der Umweltminister nicht auf den Ort einigen konnten; oder sie fanden zwar statt, wurden danach aber kreuzverschieden ausgelegt.

Aufbau eines Solarparks

Ein Mann arbeitet am 30.08.2011 beim Aufbau eines Solarparks in Fesselsdorf im Landkreis Lichtenfels (Oberfranken). Die Förderung für Solarstrom soll nun deutlich gesenkt werden.

(Foto: dpa)

Damit soll nun Schluss sein. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung haben beide Seiten ein Paket geschnürt, um ihre größten Streitfragen auf einen Schlag zu lösen: den Streit um die Förderung der Solarenergie einerseits, die Haltung zu einer EU-Richtlinie für den effizienten Umgang mit Energie andererseits. In beiden Fragen lagen Rösler und Röttgen bisher meilenweit auseinander.

So soll die Solarförderung nicht, wie bisher geplant, erst zum 1. Juli, sondern schon zum 1. April gesenkt werden - und zwar kräftig. Nicht um die ursprünglich geplanten 15, sondern um rund 30 Prozent soll die Förderung dem Vernehmen nach sinken.

Am stärksten trifft diese Kürzung Freiflächen-Solaranlagen, die bislang mit 17,94 Cent je eingespeister Kilowattstunde vergütet werden. Für Dachanlagen, wie sie vor allem Privatleute auf ihren Häusern installieren, fällt die neuerliche Absenkung dagegen mit rund 20 Prozent etwas moderater aus.

Hinzu soll künftig eine monatliche Kürzung um einen festen Cent-Betrag kommen, die sich im Jahr auf 1,8 Cent je Kilowattstunde summiert. Anders als bisher würde auch nicht mehr für den vollen Stromertrag eine Vergütung gezahlt, sondern nur noch für 85 Prozent. Dies soll den Anreiz erhöhen, die restlichen 15 Prozent entweder selbst zu verbrauchen oder anders zu vermarkten.

Die Einigung liegt noch immer weit über dem, was Rösler ursprünglich verlangte. Er hatte im Januar einen eigenen Gesetzesvorschlag vorgelegt. Danach hätten die Fördersätze um mehr als 40 Prozent sinken sollen. Nach einer vorab festgelegten Grenze wäre komplett Schluss gewesen mit der Solarzulage. Eine solche Kappung werde es aber auch künftig nicht geben, hieß es.

Die staatlich festgelegten Fördersätze waren zuletzt in die Kritik geraten, nachdem im vorigen Jahr weit mehr neue Solaranlagen gebaut worden waren als erwartet - ungeachtet mehrmals gesunkener Fördersätze.

Die Solarwirtschaft ist empört. "Jetzt steht die Energiewende in Deutschland auf dem Spiel und die Existenz von vielen tausend Arbeitsplätzen in der Solarbranche", sagt Carsten Körnig, Chef des Branchenverbands BSW. Die Einschnitte seien "nicht verkraftbar". Abzuwenden aber gibt es bei so viel schwarz-gelber Eintracht nur noch wenig.

Im Tausch für die Solarkürzung trägt Rösler strengere Klimaziele mit

Rösler wiederum hat sich den Solarkompromiss den Informationen zufolge mit Zugeständnissen bei einer EU-Richtlinie zur Energieeffizienz abkaufen lassen. Sie wird in Brüssel seit Monaten diskutiert - nur Berlin hatte sich bisher noch nicht zu einer Haltung durchringen können.

Rösler stößt sich vor allem an den geplanten Vorgaben für Energieversorger. Sie sollen dazu verpflichtet werden, den Energieverbrauch zu senken, um jährlich 1,5 Prozent. Was eigentlich Wegbereiter für neue Geschäftsmodelle sein soll, schmeckt Rösler zu sehr nach Planwirtschaft. Nach SZ-Informationen soll Deutschland stattdessen nun Vorgaben für die einzelnen Mitgliedsstaaten verlangen, gemessen an der Energieproduktivität. Das käme Rösler entgegen.

Dafür wiederum darf Röttgen nun hoffen, dass Rösler strengere Klimaziele in der EU mitträgt. Bisher haben sich die Europäer ein Treibhausgas-Minus von 20 Prozent verordnet, zu erreichen bis 2020. Allerdings gehen die Emissionen schneller zurück als gedacht, weshalb zuletzt auch die Preise für Kohlendioxid-Zertifikate einbrachen, die Europas Kraftwerke und Fabriken ersteigern müssen.

Die dänische Regierung, die derzeit die Ratspräsidentschaft der EU innehat, will daher das Klimaziel anheben, auf 25 Prozent. In zwei Wochen sollen die EU-Umweltminister in Brüssel darlegen, wie sie das finden. Und die Dänen haben schon klar gemacht: Ohne deutsche Unterstützung läuft nichts.

Die beteiligten Ministerien wollten sich am Mittwoch nicht zu Details ihres Handels äußern. "Diese Show", so hieß es aus dem Umweltministerium, "lässt sich Röttgen nicht stehlen." Ist ja auch mal etwas anderes: so viel Einigkeit zwischen Umwelt- und Wirtschaftsressort.

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