Vom Vorstand in den Aufsichtsrat:Schlechte Praxis

Ehemalige Vorstände können mit ihrer Erfahrung den Aufsichtsrat unterstützen - doch auch dem Firmenumbau im Wege stehen.

Karl-Heinz Büschemann

Jetzt haben auch die Politiker das Thema entdeckt: Die große Koalition will verbieten, dass ausscheidende Vorstandsvorsitzende von Aktiengesellschaften ohne Übergang zum Aufsichtsratsvorsitzenden berufen werden.

Da hat sich die Regierung ein heißes Thema geschnappt, offenbar aufgeschreckt durch den schweren Fall von Korruption bei Siemens und durch die merkwürdigen Vorgänge bei Volkswagen. Beide Fälle eignen sich in der Tat, eine schlechte Praxis zu überdenken.

Bei Siemens steckt Heinrich von Pierer in einem Interessenkonflikt. Er muss als Aufsichtsratschef mithelfen, illegale Praktiken aufzudecken, die in seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender geschehen sind. Das kann nicht funktionieren.

Interessenskonflikte bei der Skandal-Bereinigung

Gleichgültig, ob er von der Korruption im Unternehmen wusste - er kann niemals die Aufdeckung unabhängig betreiben. Je erfolgreicher er als Kontrolleur wäre, umso schlechter sähe er als Ex-Vorstandschef aus.

Bei VW funkt der frühere Unternehmenschef Ferdinand Piëch dem Vorstand nach Belieben ins Geschäft. Er sorgte dafür, dass zum Jahresende sein ungeliebter Nachfolger Bernd Pischetsrieder geht. Piëch, der in seiner aktiven Zeit dazu beitrug, dass die Marke VW unprofitabel wurde, führt den Konzern heute praktisch aus dem Aufsichtsrat heraus. Er will offenbar die Macht nicht abgeben.

Der vor fünf Jahren eingeführte Corporate Governance Kodex, der die Prinzipien guter Unternehmensführung regelt, bleibt bei diesem heiligen deutschen Prinzip vage. Die Berufung des Ex-Chefs zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates sollte "nicht die Regel" sein, heißt es dort.

Das alte Prinzip der Deutschland AG

Doch noch immer gilt das alte Prinzip in 14 von 30 Dax-Unternehmen, darunter Allianz, Bayer, Eon oder Thyssen-Krupp. Offenbar trauen sich die Aufsichtsräte nicht, einem verdienten Manager ins Gesicht zu sagen, dass er aus übergeordneten Gründen nicht noch ein paar Jahre mitreden darf.

Die Alten hätten die nötige Erfahrung, wird ins Feld geführt, sie könnten ein Unternehmen am besten beurteilen. Sie können aber auch am besten dem Umbau im Wege stehen.

Es ist ein schlechtes Zeichen, wenn die Regierung ein Gesetz androhen muss. So war es schon bei der Veröffentlichung der Gehälter. Der Corporate Governance Kodex empfahl die Bekanntgabe der Managergehälter. Die Konzerne ignorierten das. Es kam ein Gesetz, jetzt ist die Sache Vorschrift.

So ähnlich könnte es auch diesmal kommen, wenn sich die gängige Praxis nicht ändert. Doch mit so viel Einsicht ist in der Deutschland AG nicht zu rechnen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: