Süddeutsche Zeitung

Volkswagen-Werk in Tennessee:VW-Arbeiter in den USA lehnen Gewerkschaft ab

Volkswagen wollte in seinem Werk im US-Bundesstaat Tennessee einen Betriebsrat gründen. Doch die Arbeiter sind dagegen. Gewerkschaft und Präsident Obama sprechen von politischer Einflussnahme.

Die Mitarbeiter in Volkswagens einzigem US-Werk haben der Autogewerkschaft UAW die Türe vor der Nase zugeschlagen. Sie stimmten mit 712 zu 626 Stimmen gegen den Vorschlag, sich von der Gewerkschaft vertreten zu lassen. Dies ist ein herber Rückschlag für die UAW, die seit Jahren vergeblich versucht, in den Autofabriken im Süden der Vereinigten Staaten Fuß zu fassen.

"Volkswagen wird die Entscheidung der Mehrheit respektieren", erklärte Werkschef Frank Fischer am Freitag in Chattanooga im Bundesstaat Tennessee. 89 Prozent der berechtigen Mitarbeiter hatten nach Firmenangaben an der geheimen Wahl teilgenommen. Der Standort verfügt damit weiter als einziges großes VW-Werk weltweit über kein Gremium zur betrieblichen Mitbestimmung.

Kein Betriebsrat nach deutschem Vorbild

Der mächtige VW-Konzernbetriebsrat hatte auf die Abstimmung gedrungen, um eine Arbeitnehmervertretung nach deutschem Vorbild in der amerikanischen Fabrik zu etablieren. "Unsere Mitarbeiter haben keine Entscheidung darüber getroffen, dass sie gegen einen Betriebsrat sind", stellte Fischer klar. Nun müsse nach einem anderen Weg gesucht werden, diesen zu gründen.

Geplant war laut Volkswagen die Einrichtung eines Betriebsrats, der die Interessen der Angestellten bei "internen Angelegenheiten" in dem Werk vertreten sollte. Arbeitszeit und Gehälter sollten zwischen dem Unternehmen und der UAW ausgehandelt werden. Außerdem hätte die Belegschaft des im Mai 2011 eröffneten Werks einen Sitz im Gesamtbetriebsrat erhalten sollen.

Die Wahl hatte landesweit Schlagzeilen gemacht. Der Süden der USA gilt als gewerkschaftsfeindlich. Gerade hier haben sich aber viele ausländische Autohersteller angesiedelt. VW fertigt in der Region seinen US-Passat, Daimler und BMW bauen Geländewagen für den Weltmarkt. Auch Japaner und Südkoreaner betreiben hier Fabriken.

UAW beklagt politische Einflussnahme

Dagegen liegen die meisten Werke der US-Hersteller General Motors, Ford und Chrysler im gewerkschaftlich stark organisierten Norden. Politiker im Süden hatten gegen die UAW mobil gemacht, weil sie das Ausbleiben neuer Investoren fürchteten. Sie sehen die Gewerkschaft als Mitschuldigen am Niedergang der Autoindustrie rund um Detroit. Die Autometropole im Norden hatte im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden müssen.

"Wir sind aufgebracht darüber, dass Politiker und Interessengruppen sich in das grundlegende Recht der Arbeiter eingemischt haben, eine Arbeitnehmervertretung zu bilden", erklärte UAW-Schatzmeister Dennis Williams nach der Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Dieses muss noch von der zuständigen US-Aufsichtsbehörde National Labor Relations Board (NLRB) bestätigt werden. Einspruch ist möglich.

US-Präsident Barack Obama hatte bereits im Vorfeld repulikanischen Politikern eine Attacke auf die Arbeitnehmerrechte vorgeworfen. Bei einem Treffen mit Parteikollegen hinter verschlossenen Türen sagte er nach Angaben eines Teilnehmers, jeder sei dafür, dass die VW-Arbeiter einen Betriebsrat wählen. Einzige Ausnahme seien "lokale Politiker, die sich größere Sorgen über deutsche Aktionäre als über amerikanische Arbeiter machen".

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dpa/AFP/Reuters/schä/liv
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