VW kündigt neue Aufsichtsräte an
Nach dem Rücktritt des Volkswagen-Patriarchen Ferdinand Piëch und seiner Ehefrau Ursula hat der VW-Vorstand zwei Nachfolgerinnen für den Aufsichtsrat benannt. Louise Kiesling und Julia Kuhn-Piëch seien am Donnerstag vom Amtsgericht Braunschweig mit sofortiger Wirkung zu Mitgliedern des Aufsichtsrats der Volkswagen AG bestellt worden, teilte der Konzern mit.
Die 57 Jahre alte Louise Kiesling arbeitete dem Konzern zufolge als Designerin in Deutschland, Österreich und Großbritannien. Zuvor studierte sie Modedesign in Wien und Automobildesign am Royal College of Art in London. Sie ist nach Angaben von VW Gesellschafterin und Geschäftsführerin mehrerer Wirtschaftsunternehmen. Die 34 Jahre alte Julia Kuhn-Piëch ist den Angaben zufolge selbstständige Immobilienmanagerin und gehört seit 2014 dem Aufsichtsrat der MAN Truck & Bus AG an. Sie ist Juristin und absolvierte an der Technischen Universität Wien ein Studium in Immobilien- und Liegenschaftsmanagement. Damit bleibt alles in der Familie: Kiesling ist die Tochter der älteren Schwester Ferdinand Piëchs, Kuhn-Piëch die Tochter des jüngeren Bruders.
Zusammen mit Annika Falkengren, der Präsidentin und Vorstandsvorsitzenden der Skandinaviska Enskilda Banken, sitzen damit auf der Kapitalseite künftig drei Frauen im Aufsichtsrat des Autokonzerns. Die Arbeitnehmerseite hat mit Babette Fröhlich von der IG Metall bislang nur eine Frau in das Gremium entsandt. Insgesamt zählt der VW-Aufsichtsrat 18 Mitglieder. Der ehemalige IG-Metall-Chef Berthold Huber wird bis zur Wahl eines neuen Vorsitzenden kommissarisch die Leitung des Aufsichtsrats übernehmen.
Volkswagen:"Freuen Sie sich auf Winterkorn"
VW ohne Piëch - geht das? Sicher. Bei der Eröffnung der neuen Konzernrepräsentanz in Berlin soll niemand sehen, dass alles anders ist. Dabei bekommt Vorstandschef Winterkorn Hilfe von: Robbie Williams.
Der angebliche Widerspruch Piëchs
Wie Bild berichtete, widersprach Piëch allerdings der Personalie und nominierte stattdessen den ehemaligen Linde-Chef Wolfgang Reitzle und das langjährige Siemens-Vorstandsmitglied Brigitte Ederer als neue Aufsichtsratsmitglieder. Bild erfuhr demnach, dass Piëch die mangelnde Erfahrung der beiden Frauen in der Autoindustrie missfalle.
Angesprochen auf Piëchs Kritik, sagte ein VW-Konzernsprecher: "Wir haben unserer Information nichts hinzuzufügen." Vom Amtsgericht Braunschweig hieß es, es lägen dort keine Informationen vor, wonach die über das Gericht erfolgte Bestellung angefochten werde. "Wir freuen uns, dass der Aufsichtsrat wieder komplett ist", hieß es vonseiten der niedersächsischen Staatskanzlei.
Piëch hatte am Samstag die Konsequenzen aus seiner Niederlage im Machtkampf mit Konzernchef Martin Winterkorn gezogen. Er legte mit sofortiger Wirkung den Vorsitz und die Mitgliedschaft im Aufsichtsrat der VW AG nieder. Auch seine Ehefrau legte alle Mandate im Volkswagen-Konzern nieder.
Zukunft des Volkswagen-Konzerns:Ende eines Patriarchen
Ferdinand Piëch war kein normaler Manager. Er war bei Volkswagen der absolute Herrscher. In Wolfsburg ist nicht bloß ein zweiwöchiger Machtkampf mit Vorstandschef Winterkorn zu Ende gegangen, sondern auch eine Art der Unternehmensführung, die längst nicht mehr zeitgemäß war.
Was bisher geschah
Piëch hatte Winterkorn Mitte April öffentlich das Vertrauen entzogen und erklärt, er sei auf "Distanz" zum VW-Chef. Das Aufsichtsrats-Präsidium sprach sich eine Woche später aber für den Verbleib Winterkorns an der Konzernspitze und für eine Vertragsverlängerung aus.
Medienberichten zufolge wandten sich in den Tagen darauf "mehrere Mitglieder" des VW-Aufsichtsrats gegen Piëch, da er entgegen seiner eigenen Aussage weiter eine Ablösung des VW-Chefs betreibe. Die Kritiker warfen ihm demnach vor, den Beschluss des Aufsichtsratsgremiums zu hintertreiben und dadurch dem Wolfsburger Autokonzern "schweren Schaden" zuzufügen. Das Präsidium des Aufsichtsrats teilte schließlich mit, die Mitglieder des Gremiums hätten "einvernehmlich festgestellt, dass vor dem Hintergrund der vergangenen Wochen das für eine erfolgreiche Zusammenarbeit notwendige wechselseitige Vertrauen nicht mehr gegeben" sei.