Volkswagen:Piëch soll weg - oder auch nicht

  • Nach der schweren Schlappe im Showdown mit Martin Winterkorn erfährt der VW-Chefkontrolleur Ferdinand Piëch nun plötzlich Unterstützung von mehreren Seiten.
  • Zuvor gab es wilde Spekulationen, dass der Patriarch des Konzerns geschasst werden soll.
  • Nun stellen sich aber der frühere IG-Metall-Chef und VW-Aufsichtsrat Berthold Huber und die niedersächsiche Landesregierung überraschend hinter Piëch.
  • Im Konzern macht sich Angst vor einem Chaos und einem Machtvakuum breit.

Von Thomas Fromm, Marcel Grzanna, Max Hägler, München/Shanghai

Hektik in Shanghai, da, wo der VW-Konzern seine obligatorische Vorabendparty zur Automesse feiert. Noch bis zum frühen Nachmittag glaubte man hier, ER würde kommen. Martin Winterkorn und sein erster Auftritt nach dem Showdown im VW-Aufsichtsratspräsidium, jenem Krisentreffen am Donnerstagabend, bei dem sich die Mehrheit der Aufsichtsräte gegen ihren Chefkontrolleur Ferdinand Piëch gestemmt und für den Verbleib ihres Managers votiert hatte. Das übliche Partyprogramm mit reichlich Laser war vorbereitet, dann gegen 14 Uhr Ortszeit die Nachricht: Winterkorn kommt nicht zur Schau. Er bleibt zu Hause.

"Herr Winterkorn hat sich wegen eines grippalen Infekts dazu entschieden, nicht nach Asien zu reisen", teilte VW mit. Eine Grippe, so etwas kann passieren nach so einer turbulenten Woche, in der einen der eigene Aufsichtsratschef kaltstellt ("Ich bin auf Distanz zu Winterkorn") und einen die anderen Aufsichtsräte dann vor dem Sturz retten müssen.

Ohnehin fragten sich viele: Spielt die Musik in diesen Stunden nicht eh woanders als hier in China? Bei den Betriebsräten im fernen Wolfsburg? Oder in Salzburg, am Sitz der Eigentümerfamilien Piëch und Porsche?

Schon am Freitagnachmittag lag ein Hauch von Revolution in der Luft. Am Abend davor die schwere Schlappe für Piëch, jetzt nahmen die Ersten das Wort "Revolte" in den Mund. Nach Winterkorn nun auch noch eine Personaldebatte über den Patriarchen des Konzerns? VW-Krimi, zweiter Teil?

"Die Mehrheit ist gegen Piëch", zitiert die Bild am Sonntag einen Aufsichtsrat. Der Alte müsse weg. Zehn Arbeitnehmervertreter im Kontrollgremium, die Vertreter des Landes Niedersachsen und der Porsche-Familie - alle sollen vereint gegen den alten Patriarchen sein. 14 Stimmen gegen ihn. Das würde reichen, um Piëch mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit im 20-köpfigen Aufsichtsrat abzuwählen.

Das Format, einen 200-Milliarden-Euro-Konzern als Chefkontrolleur zu führen

Aber wenn es so käme - wer sollte dann der Nachfolger des Chefkontrolleurs werden, wenn der König gestürzt wird? Der Posten ist noch schwieriger zu besetzen, als einen Nachfolger für den Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn zu finden. Wer hat das Format, einen 200-Milliarden-Euro-Konzern als Chefkontrolleur zu führen und dabei auch noch über die Zukunft des Topmanagements zu entscheiden? Die Angst vor einem Chaos, einem Machtvakuum macht sich breit. "Versachlichen" wollten alle Beteiligten die Debatte, hieß es dann am Sonntagmittag aus dem Lager der beiden Familien. Für den Moment zumindest.

Am 4. Mai ist Aufsichtsratssitzung bei VW, am Tag darauf die Hauptversammlung der Aktionäre. Bis dahin, sagen Insider, könne - vor und hinter den Kulissen - noch einiges passieren.

Am Sonntagnachmittag versammeln sich dann die Ersten hinter Piëch, dem Gegner vom Donnerstagabend. "Es gibt keinen Grund, den Rücktritt von Dr. Piëch zu betreiben", sagt der frühere IG-Metall-Chef und VW-Aufsichtsrat Berthold Huber. "Wir haben die feste Absicht, mit Dr. Piëch und Dr. Winterkorn den erfolgreichen Weg von Volkswagen auch in Zukunft fortzusetzen." Und aus der niedersächsischen Landesregierung heißt es, man werde die Zusammenarbeit sowohl mit Piëch als auch mit Winterkorn fortsetzen.

Erst Rückendeckung für Winterkorn, jetzt für Piëch - und doch weiß keiner, wie ein Vorstandschef in den kommenden Monaten arbeiten soll, wenn sein Aufsichtsratschef ihn nicht mehr haben will. In Shanghai steht VW-China-Chef Jochem Heizmann auf der Bühne und sagt: "Natürlich wäre es falsch zu sagen, dass es keine Unruhe schafft."

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