Volkswagen:USA wollen VW zu Elektromobilität verdonnern

Volkswagen: Elektroautos haben es schwer in den USA. Nun versucht die US-Umweltbehörde, die Verbreitung voranzutreiben - eventuell unter Mitwirkung von VW.

Elektroautos haben es schwer in den USA. Nun versucht die US-Umweltbehörde, die Verbreitung voranzutreiben - eventuell unter Mitwirkung von VW.

(Foto: Tom Williams/AP)
  • Volkswagen kommt mit der Aufarbeitung des Abgas-Skandals nicht recht voran, vor allem in den USA ziehen sich die Gespräche in die Länge.
  • Nun zeichnet sich eine mögliche Lösung ab: Statt Milliarden-Strafen an den Staat zu zahlen, könnten die Wolfsburger Geld in den Aufbau der Infrastruktur für E-Autos stecken - und so noch selbst davon profitieren.

Von Thomas Fromm

Dass die Gespräche in den USA zäh verlaufen, wurde spätestens vor zwei Wochen klar: Da verschob Volkswagen seine für den 10. März geplante Bilanzvorlage und auch seine Hauptversammlung - um "größtmögliche Klarheit" zu haben, teilten die Wolfsburger schmallippig mit. Es gebe noch einige "offene Fragen".

Offene Fragen, die kommen derzeit vor allem aus den USA. Hier, wo die Dieselaffäre Mitte September publik wurde, hängen die Konzernmanager in der Luft: Noch immer haben sie sich mit den dortigen Behörden auf keinen Rückrufplan für die fast 600 000 mit der Manipulations-Software ausgestatteten Dieselfahrzeuge einigen können; erste Vorschläge aus Deutschland hatten die Amerikaner im Januar krachend durchfallen lassen.

E-Ladesäulen statt Milliardenstrafe?

Die Sache ist kompliziert. Der technische Aufwand, den es braucht, die Fahrzeuge in den USA wieder auf Kurs zu bringen, ist wesentlich höher als in Europa, wo die Grenzwerte für Stickoxid-Emissionen weniger streng sind. Und deshalb geht es in den USA, anders als in Europa, wo man die Fahrzeuge mit Programm-Updates und kleinen Bauteilen repariert, um viel mehr: Teure Rückkäufe sind im Gespräch, Rückrufe mit Nachrüstungen und Umbauten - dazu kämen noch hohe Strafen. Allein eine Klage des US-Justizministeriums gegen VW könnte Strafen von über 40 Milliarden Dollar nach sich ziehen.

Theoretisch zumindest. Seit einigen Wochen aber geht es bei den Gesprächen mit der US-Umweltbehörde Epa um eine weitere Lösung: VW könnte sich für den Ausbau der Elektromobilität in den USA engagieren, indem es sich am Aufbau einer Ladesäulen-Infrastruktur in den USA beteiligt und E-Fahrzeuge für den dortigen Markt gleich vor Ort baut - im eigenen Werk in Chattanooga.

VW will dies nicht kommentieren. In Konzernkreisen ist aber schon länger von einem "intelligenten Gesamtpaket" die Rede, bei der auch Investitionen in alternative Antriebe wie Elektromobilität eine Rolle spielen könnten. Eine Lösung also, die mehr beinhalten soll als Milliardenstrafzahlungen.

Investition zum gegenseitigen Nutzen

Für die Amerikaner, allen voran die US-Umweltbehörde, hat eine solche Lösung Charme: Die USA stehen beim Thema Elektromobilität vor den gleichen Problemen wie die Deutschen, die ihr Ziel, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektroautos auf die Straßen zu bekommen, höchstwahrscheinlich verfehlen werden - sollte nicht noch ein Wunder geschehen. Auch in den USA verfolgt die Politik ehrgeizige Ziele für die Stromautos, und auch hier scheitern diese vor allem an der fehlenden Infrastruktur. Keine Ladesäulen weit und breit, wenig Elektroautos zur Auswahl, eine geringe Reichweite, dazu der billige Ölpreis, der Käufer dazu einlädt, ihr Geld in große Spritschlucker statt in Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zu investieren - Elektroautos haben es diesseits wie jenseits des Atlantiks aus vielen Gründen schwer.

In den USA könnte an dieser Stelle nun Volkswagen ins Spiel kommen. Der Konzern hat seit Jahren Probleme auf dem US-Markt; Betriebsratschef Bernd Osterloh sprach vom Geschäft dort schon mal als einer "Katastrophenveranstaltung".

Dazu kam dann die Sache mit der illegalen Motorsteuerungssoftware in Dieselfahrzeugen, die die Epa am 18. September publik machte, nachdem das Thema schon eine ganze Weile zwischen Konzern und Behörde hin- und hergegangen war und von den Deutschen offenbar lange unterschätzt wurde. Diese Software, die dafür sorgte, dass einige Diesel-Modelle auf dem Prüfstand die Grenzwerte bei Emissionen giftiger Stickoxide einhielten, auf der Straße und im realen Fahrbetrieb aber umso mehr Dreck ausstießen, war einige Jahre im Umlauf. Nur: Wer alles von dieser Software wusste, ist derzeit noch Teil der internen Ermittlungen.

Die Stimmung ist gereizt - freundlich ausgedrückt

Die Stimmung zwischen Amerikanern und Deutschen ist inzwischen - und das ist fast noch eine Untertreibung - äußerst gereizt. Die Amerikaner haben Europas größten Autobauer wegen Betrugs und Verstößen gegen die geltenden Umweltgesetze verklagt, gleichzeitig wirft man dem Unternehmen vor, die Aufarbeitung der Affäre zu behindern und nur wenig mit den Behörden zu kooperieren. Bei VW weist man dies zurück.

Im April will der Konzern einen Ermittlungsbericht präsentieren, der Aufschluss darüber gibt, wie es zu der Affäre kam und wie viele Manager involviert sind. Am Dienstag musste Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch bei Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) antreten und über den Stand der Aufklärung berichten.

Die Zeit drängt, die Beteiligten werden ungeduldig. Mit der Verschiebung seiner Jahresbilanz hatte VW etwas Zeit gewonnen, aber nicht viel: Bis Ende April muss nun der Jahresabschluss 2015 fertig sein. Will man das fällige USA-Paket aus Rückrufkosten, Strafzahlungen und E-Auto-Ausbau noch in die Bilanz des Krisenjahres 2015 packen, muss man sich beeilen.

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