Süddeutsche Zeitung

Volkswagen:Müller: "Ich gebe Ihnen mein Wort - VW wird nicht ruhen"

Konzernchef Matthias Müller hat seinen ersten großen Auftritt seit Ausbruch des Skandals.

Von Thomas Fromm, Wolfsburg

Matthias Müller blickt ernst. Die vergangenen Wochen haben beim Volkswagen-Chef Spuren hinterlassen. Er ist blasser als sonst, als er in der Wolfsburger Auto-Uni am Stadtrand zu Öffentlichkeit spricht. Es ist der erste große Auftritt der Konzernführung, seit der Skandal aufkam.

Die Auto-Uni ist ein moderner Zweckbau. Überall stehen Fernsehübertragungswagen. Die Veranstaltung ist auf Deutsch, mit englischer Übersetzung auf der Videowand. Ein Journalist aus dem Ausland wundert sich: "Warum machen die das nicht gleich auf Englisch - die Adressaten sitzen doch eh alle in den USA?" In den Vereinigten Staaten kam der Skandal auf - und von dort könnten die größten finanziellen Belastungen auf Volkswagen zukommen.

Matthias Müller und Hans Dieter Pötsch beantworten Fragen von Journalisten. Pötsch ist seit kurzem der Chef des Aufsichtsrats, der den Vorstand kontrollieren soll. "Die letzten zweieinhalb Monate waren für uns beispiellos", sagt Pötsch. "VW steht mitten in einer der größten Bewährungsproben seiner Geschichte." Volkswagen hatte Motoren von Dieselautos manipuliert, um staatliche Abgastests zu bestehen. Wie konnte es so weit kommen? "Wir sprechen nicht von einem einmaligen Fehler, sondern von einer Fehlerkette", sagt Pötsch.

Während der Aufsichtsratschef spricht, sagt Müllers Gesicht: Was mache ich eigentlich hier? Der Mann führte lange den Sportwagenbauer Porsche und wurde im Zuge der Diesel-Affäre an die VW-Spitze gespült. Er kann sich wohl etwas Angenehmeres vorstellen, als hier zu sitzen und das Unerklärliche zu erklären.

"Neuer Geist? Just do it"

Erst als Müller dann selbst spricht, geht er in die Offensive. "Wir werden nicht zulassen, dass uns diese Krise lähmt", sagt der Konzernchef. "Ich gebe Ihnen mein Wort - VW wird nicht ruhen, bis wir das Thema ein für alle Mal gelöst haben." Die Krise sei auch eine Chance. Eine Neuausrichtung wäre früher oder später sowieso notwendig gewesen. Müller gibt den Machertyp: "Wie bringt man diesen neuen Geist in einen Konzern mit 600 000 Leuten? Just do it."

450 Ermittler sind derzeit bei VW im Einsatz, darunter auch externe Aufklärer von einer amerikanischen Kanzlei. Sie sollen herausfinden, wer Schuld hat. Dafür haben sie 1500 elektronische Datenträger von 380 Mitarbeitern gescannt. 2000 Mitarbeiter wurden von ihnen angeschrieben und gebeten, nichts von ihren Computern zu löschen. Es könnte zur Aufklärung beitragen.

Volkswagen werde nicht zerbrechen

Und was ist mit den USA, wo in San Francisco nun die Sammelklagen gegen den Konzern verhandelt werden? Die Richter gelten als verbraucher- und umweltfreundlich. Sollte Müller nicht vor Ort um Verzeihung bitten, symbolisch vor den US-Behörden in die Knie gehen? "Dass ich in den USA einen Kniefall mache, das glaube ich jetzt nicht", sagt er. Aber er werde sich für das Geschehene entschuldigen.

In existenzieller Gefahr sei Volkswagen aber nicht, sagt Müller. "So ernst die aktuelle Situation auch ist: Dieses Unternehmen wird daran nicht zerbrechen."

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