Volkswagen:Die Scheichs wollen nicht mehr

Der Einstieg vom Emirat Abu Dhabi bei VW ist vom Tisch — man konnte sich nicht über den Preis für das Aktienpaket einigen.

Von Meite Thiede

Der Druck auf den Volkswagen-Konzern steigt: Zusätzlich zu den schlechten Verkaufszahlen, schrumpfenden Erträgen und schwierigen Tarifverhandlungen kommt ein unerwartetes Finanzierungsproblem auf den Wolfsburger Konzern zu.

Nachdem der Einstieg Abu Dhabis geplatzt ist, muss VW nun eine Milliarde Euro für den Erwerb der 50-Prozent-Beteiligung an der niederländischen LeasePlan Corporation aus dem laufenden Geschäft zahlen.

Die Investitionen für den Automobilbereich übersteigen bei dem Autobauer ohnehin schon seit 2002 den Cash flow. 2003 lagen die neun Milliarden Euro schweren Investitionen um 2,2 Milliarden Euro über dem Cash flow.

Konzernchef Bernd Pischetsrieder hatte vor wenigen Tagen gerade erst Alarm geschlagen: VW könne nicht mehr länger über seine Verhältnisse leben; der Spielraum sei ausgeschöpft, wurde er in der Mitarbeiterzeitung Autogramm zitiert.

Pischetsrieders Deal

Die LeasePlan-Beteiligung sollte durch den Verkauf eigener Aktien im Volumen von 9,8 Prozent des Kapitals an das Emirat Abu Dhabi finanziert werden. Aber diese Gespräche wurden jetzt einvernehmlich eingestellt, teilte VW am Mittwoch mit.

Über den Kaufpreis sei im aktuellen Kapitalmarktumfeld keine Einigung möglich gewesen. Die Aktien stehen bei VW nach früheren Angaben mit 1,6 Milliarden Euro in den Büchern. An der Börse würde das Paket aber derzeit nur mit etwa einer Milliarde Euro bewertet werden.

Ungeachtet der Finanzierungsproblematik wird das LeasePlan-Projekt aber wie geplant durchgezogen. VW hatte im April nach zwei Jahre dauernden Verhandlungen einen Kaufvertrag mit dem Mutterkonzern der Leasing-Gesellschaft, der niederländischen ABN Amro Bank, geschlossen.

Gleichzeitig wurde mit der dem Land Abu Dhabi gehörenden Mubadala und der privaten saudi-arabischen Investment-Gesellschaft Olayan ein Joint Venture für den Erwerb von LeasePlan vereinbart.

Das Joint Venture, an dem VW je 50 und die beiden arabischen Partner je 25 Prozent halten, wurde inzwischen gegründet. Der Deal hatte Pischetsrieder persönlich eingefädelt. Allerdings hatte sich der Aufsichtsrat in seiner Sitzung im April dieses Jahres davon überrumpelt gefühlt und hatte nur den LeasePlan-Kauf, nicht aber den Einsatz eigener Aktien genehmigt.

Am heutigen Donnerstag sollte dieses Thema dem Rat abermals präsentiert werden. Trotz des geplatzten Einstiegs wollen VW und das Emirat ihre gemeinsamen Pläne weiter verfolgen.

Vor einer Woche hatten die Partner ein Joint Venture für den Bau von Autoteilen und die Montage von Lastwagen in Abu Dhabi vereinbart. Die VW-Aktie reagierte am Mittwoch negativ auf die Meldungen von VW. Bis zum Nachmittag verlor sie fast drei Prozent.

Angespannte Atmosphäre

In Hannover begannen am Mittwochmittag die Tarifverhandlungen zwischen VW und der IG Metall für die 103000 Beschäftigen in den sechs westdeutschen Werken in angespannter Atmosphäre.

Hartmut Meine, Bezirkschef der IG Metall Hannover, zeigte sich bereits im Vorfeld der Gespräche kampfbereit und drohte mit Warnstreiks. Die Gewerkschaft fordert eine verbindliche Beschäftigungsgarantie und vier Prozent mehr Lohn.

Nach Ansicht von VW gibt es aber nichts zu verteilen. Der Konzern fordert eine Nullrunde für zwei Jahre und will die Arbeitskosten bis 2011 um 30 Prozent oder zwei Milliarden Euro senken. Dafür bietet VW an, die 176544 Arbeitsplätze in Deutschland (einschließlich Audi, Ostdeutschland und Verwaltung) zu erhalten. Auf einen Zeitraum hat sich Personalvorstand Peter Hartz dabei aber nicht festgelegt.

Derzeit arbeiten 60 Prozent aller in Westdeutschland Beschäftigten im Konzern unter dem VW-Haustarifvertrag, der sie gut zehn Prozent besser stellt als ihre Kollegen bei Wettbewerbern und 20 Prozent besser als den Flächentarif. Bis 2011 will VW den Anteil auf 50 Prozent reduzieren.

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