Neue Autos gleichen mehr und mehr fahrenden Computern. Die Software wird damit immer wichtiger, insbesondere wenn es sich um Elektrofahrzeuge handelt, die dann auch noch teilweise oder ganz autonom fahren sollen, das Vorbild ist Tesla. Doch ausgerechnet in der Softwareentwicklung hat Volkswagen, Europas größter Autobauer, derzeit Probleme. Immer wieder gibt es im Konzern Startschwierigkeiten und Verzögerungen in der Entwicklung eigener Auto-Software, und das sorgt für großen Ärger - bei den Kunden und im Konzern.
Nun will VW-Vorstandschef Oliver Blume durchgreifen. Er tauscht fast die gesamte Führungsspitze der IT-Tochter Cariad aus. Drei von vier Vorständen müssen gehen, nur der Personalvorstand bleibt. Neuer Cariad-Chef wird zum 1. Juni Peter Bosch, der ist bisher Produktionsvorstand der britischen Luxusmarke Bentley, die Firma gehört auch zu VW. Er gilt als Sanierer, der auch Bentley in den vergangenen Jahren in die Spur gebracht hat. Bosch sei der richtige Chef zur richtigen Zeit, teilte Blume mit. Und er lobte: "Er ist Stratege, Umsetzer und Teamplayer. Das hat er bei Bentley erfolgreich bewiesen. Er kennt den Volkswagen-Konzern gut und hat zudem umfassende Change- und Beratungserfahrung". Die Firma soll nun offenbar auch ganz neu ausgerichtet werden. "Cariad wird die Fahrzeuge der Zukunft noch stärker von der Software zur Hardware entwickeln", teilte VW mit.
Ob das reicht? Und ob das schnell genug geht? Die Probleme bei Cariad gelten zumindest als groß. Die erheblichen Schwierigkeiten mit der IT haben zuvor die gesamte Modellplanung des VW-Konzerns in Unordnung gebracht, die Autos konnten teilweise zwar gebaut, dann aber wegen der fehlerhaften Software nicht ausgeliefert werden. In der Softwareentwicklung bei VW arbeiten weltweit rund 6000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Blumes Vorgänger Herbert Diess hatte die IT-Entwicklung zu einem zentralen Element der Neuorientierung des Konzerns machen wollen. Die Verzögerungen bei der Softwareentwicklung galten dann auch als einer Gründe für die überraschend schnelle Ablösung von Diess im vergangenen Sommer.
"Wir beschleunigen unser Tempo und öffnen uns weiter für Partnerschaften", sagte nun Blume. Die Software soll noch enger mit der Fahrzeugentwicklung verknüpft werden. Zusätzlich müsse der neue Chef von zwei ausgewiesenen Softwareexperten im Vorstand unterstützt werden. Die entsprechenden Personalien werde Cariad zeitnah umsetzen. Die Zusammenarbeit mit den Marken des Konzerns solle weiterentwickelt werden.
Auch hier gab es zuletzt oft Ärger. So hat die stockende IT-Entwicklung bei wichtigen Fahrzeugprojekten wie den E-Modellen von Porsche und Audi zu Verzögerungen geführt, die den beiden Marken im Kampf gegen Tesla nicht geholfen haben. Bosch löst den bisherigen Cariad-Chef Dirk Hilgenberg ab. "Wir danken dem Team um Dirk Hilgenberg für seinen leidenschaftlichen Einsatz und den geleisteten Fortschritt", teilte Blume mit. Es gebe Gespräche über "mögliche neue Aufgaben innerhalb des Konzerns".