Süddeutsche Zeitung

Vogue-Chefin im Interview:"Wir brauchen für die deutsche Mode eine 365-Tage-Lobby"

Die deutsche Vogue-Chefin Christiane Arp über den Wirtschaftsfaktor Mode und die Frage, warum sich die Deutschen so ungern schmücken.

Von Anna Günther und Hannah Wilhelm

Im kleinen Münchner Büro der mächtigsten Frau der deutschen Modebranche duftet es nach Rosen. Christiane Arp, 54, sitzt zwischen Dutzenden cremefarbenen Blumen, die Haare streng im Nacken zum Knoten gebunden. Sie trägt Turnschuhe zum Blazer und Shirt, unter dem Tisch steht eine riesige vollgestopfte schwarze Handtasche. An der Wand im Regal steht Cover an Cover die Vogue. Die Zeitschrift gilt in der Mode weltweit als Bibel und ist doch in jedem Land anders. Arps amerikanische Kollegin Anna Wintour kennt man spätestens seit dem Film "Der Teufel trägt Prada" auch außerhalb der Modeindustrie. Als biestige Diva ging sie in die Kinogeschichte ein. Die Chefin der deutschen Vogue wirkt dagegen hanseatisch zurückhaltend.

Wie viel Macht sie hat, ist Christiane Arp sehr bewusst. In Modemagazinen gibt es nichts mehr nach dem Chefsessel der Vogue. Anna Wintour macht's seit 25 Jahren, Arp seit 13. Trotzdem haben es Arps Kolleginnen in Italien, Frankreich und den USA oft leichter.

Denn: Die Deutschen tun sich immer noch schwer mit Mode. Schnell gilt als oberflächlich, wer sich schön anzieht. Eine Einstellung, die Christiane Aps manchmal verzweifeln lässt, wie sie der SZ sagt: "Wenn Frauen hierzulande begreifen würden, was Mode für uns tun kann, welche Macht sie uns geben kann!" Oft gebe Kleidung einem genau das Selbstbewusstsein, das man in gewissen Situationen brauche, erklärt die Norddeutsche. Und, auch das sei nicht zu vergessen: Mode ist ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftszweig.

Luxusfirmen wie Chanel sind immun gegen all die Krisen in der Welt, die Umsatzzahlen steigen unbeirrt. Von den schönen Dingen der ganz Großen ist Arp jeden Tag umgeben, sie widmet sich da lieber der Förderung von kleinen Labels und jungen Designern. In dieser Woche dreht sich in der Hauptstadt wieder alles um Mode.

Kleine Designer können nur mit langfristiger Investition wachsen

Aber Christiane Arp schaut sich nicht nur wie Hunderte andere Moderedakteure und Blogger die Entwürfe der Etablierten an. Die 54-Jährige stellt im Vogue-Salon sieben Talente vor, die sie ganz neu entdeckt hat oder für einige Saisons begleitet. Die Kreativen von Perret Schaad, Huber Egloff oder Galvan könnten sich ohne diese Bühne kaum einen Auftritt leisten, der Kritiker und internationale Einkäufer anlockt.

Doch die Modewoche zweimal im Jahr reichte Arp nicht, sie gründete zu Jahresbeginn mit anderen Entscheidern der deutschen Modebranche das Fashion Council Germany. "Wir brauchen für die deutsche Mode eine 365-Tage-Lobby, eine wirtschaftlich-politische Einbettung, ein Förderprogramm", sagt Arp.

In England und Frankreich haben diese Organisationen die Designer, deren Namen heute überall bekannt sind, erst groß gemacht. Im Land der Autos und des Praktischen ist das noch ein langer Weg. Um kleine Designer wachsen zu lassen und Deutschland zum Modeland zu machen, müsse man langfristig investieren. Christiane Arp nimmts sportlich und zitiert Karl Lagerfeld: "Man muss das Geld zum Fenster rausschmeißen, damit es zur Tür wieder reinkommt."

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