Vodafone:Versicherung per Handy

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Das Geschäft mit den Autofahrern hat Vodafone - hier die Deutschland-Zentrale in Düsseldorf - in den vergangenen Jahren ausgebaut.

(Foto: imago)

Vodafone bietet eine neue Art von Autoversicherung an, die nach Kilometern abrechnet. Für den Konzern wird das Autogeschäft immer wichtiger.

Von Herbert Fromme und Kaja Adchayan, Köln

Der Mobilfunk- und Festnetzanbieter Vodafone steigt in die Autoversicherung ein. Kunden des Unternehmens können künftig über eine App eine Autoversicherung bei dem Berliner Start-up Emil buchen. Das Besondere: Vor dem Beginn des Vertrages testet Vodafone das Fahrverhalten des Kunden.

Die meisten Apps kann jeder Smartphone-Nutzer herunterladen. Bei der neuen Kfz-Versicherung ist das anders: Der Mobilfunkkunde muss die Anwendung von Vodafone anfordern und erhält danach eine persönliche Einladung.

Ist die App auf dem Smartphone installiert, zeichnet sie über zwei Wochen oder mindestens 250 Kilometer das Fahrverhalten des Autofahrers auf. Sie nutzt dafür die Sensoren des Handys. Vodafone wertet die Daten aus, die Automotive-Gruppe des Mobilfunkanbieters hat damit reichlich Erfahrung. Sie ist als Dienstleister für Hersteller und Flottenbetreiber tätig und wertet schon jetzt Telematikdaten über das Fahrverhalten für Versicherer aus.

Wenn der Nutzer besonders vorsichtig fährt, bekommt er Nachlass bei der Versicherung. Dabei fließen klassische Telematik-Messgrößen wie rasantes oder weiches Beschleunigen, Bremsen, Geschwindigkeit und Fahrdauer und in die Bewertung ein.

Außerdem misst die App die Handynutzung am Steuer. Das ist Vodafone sehr wichtig: "Laut Verkehrspsychologen der TU Braunschweig erhöht sich das Unfallrisiko um das Sechs- bis Siebenfache, wenn das Handy am Steuer genutzt wird", teilt das Unternehmen mit. Bereits bei Tempo 50 werden 30 Meter blind zurückgelegt, wenn ein Fahrer nur zwei Sekunden auf das Handy schaut.

Wer vorsichtig fährt, kann mit einem deutlichen Rabatt rechnen

Nach der Testphase von zwei Wochen erhält der Autofahrer dann ein Angebot von Emil. Je umsichtiger er gefahren ist, desto günstiger wird die Kfz-Versicherung beim Start-up. Der Rabatt kann bis zu 20 Prozent betragen. "Das Modell ermöglicht uns eine noch bessere Risikoselektion", freut sich Emil-Vorstand Bastianz Knutzen.

Ist der Kunde bei Emil versichert, wird der Fahrstil nicht mehr gemessen. Der Anbieter rechnet aber strikt nach gefahrener Strecke ab. Der Autofahrer zahlt pro Kilometer je nach Fahrzeug zwischen einem Cent und fünf Cent, plus eine Grundgebühr, die bei fünf Euro im Monat beginnt.

Mit dem Angebot wenden sich Vodafone und Emil vor allem an junge, internet-affine Autofahrer. Der Kommunikationskonzern hat 29,6 Millionen Mobilfunkkunden und 6,9 Millionen Festnetzkunden in Deutschland. Über die Vermittlung der günstigen Autoversicherung bietet er zusätzliche Dienstleistungen für seine Nutzer und bindet sie so enger an sich.

Der Bereich Mobilität ist für den Konzern sehr wichtig. 2014 kaufte er den Spezialisten Cobra Automotive, der jetzt Vodafone Automotive heißt. Diese Firma bietet Diebstahlsicherungen für zahlreiche Edelmarken - ein eingebautes Funkgerät meldet ständig die Position. Außerdem rüstet Vodafone Automotive als Zulieferer Fahrzeuge von Herstellern wie VW, Volvo, Renault und Toyota mit Einparkhilfen und Telematiksystemen aus, die das Fahrverhalten messen. "Wir haben mehr als 20 Millionen vernetzte Fahrzeuge", sagte Gion Baker, Chef von Vodafone Automotive. Jetzt geht die Gruppe einen Schritt weiter und verkauft selbst Policen. Für die Versicherer ist das keine gute Nachricht: Denn hier stellt sich in der Kfz-Versicherung ein neuer Konkurrent auf, der von außen kommt und mit seiner großen Kundenbasis etablierten Anbietern das Leben schwer macht. Bisher agieren schon die Autohersteller und Automobilclubs als Versicherungsanbieter. Die Gefahr für die Versicherer ist, dass sie den Kontakt zu ihren Kunden verlieren. Denn den halten jetzt Vodafone, VW oder der ADAC.

Es ist nicht die erste Vodafone-Kooperation mit einem Versicherer, aber die erste, bei der die Telefonfirma im Fahrersitz ist. Im Juni 2017 hatte sie für die Württembergische Versicherung eine Smartphone-App entwickelt. Die erhebt Daten über das Fahrverhalten der Autofahrer, die dann in die Preisfindung einfließen.

Kommt es durch die neue App zum Abschluss, erhält Vodafone eine Provision von Emil. Emil ist ein so genannter Assekuradeur: Das Unternehmen macht alles, was ein Versicherer macht. Es bewertet Risiken, stellt Policen aus und reguliert Schäden. Doch das Risiko trägt Emil nicht selbst, das macht die Gothaer in Köln.

Für das kleine, 2018 gegründete Berliner Start-up könnte der Vertrag mit Vodafone den Durchbruch bedeuten. Bislang hat das Unternehmen vor allem an seiner IT gearbeitet und vergleichsweise wenige Verträge verkauft. Emil nennt keine Zahlen, es dürften aber kaum mehr als 5000 Fahrzeuge sein, die über den Dienstleister versichert sind. Der Deal mit Vodafone könnte das ändern - und auch der Gothaer einen ordentlichen Wachstumsschub in der Kfz-Versicherung bringen.

Deutschland ist nicht der erste Markt, auf dem Vodafone in der Versicherung tätig ist. In Spanien vereinbarte die Firma 2018 mit der Generali España ein Telematikprojekt. Mit dem Versicherer Caser einigte sich Vodafone im Mai 2019 auf eine Reparaturversicherung für Kunden seines digitalen Haus-Schutzes. Wer zwei Euro im Monat zahlt, kann Notfallreparaturen anfordern. In den Niederlanden betreiben Vodafone und der Versicherer Nationale Nederlanden seit 2017 den Autoversicherer Bundelz, der für Wenigfahrer ein Spezialangebot bereithält. Kunden zahlen keine jährliche oder monatliche Prämie, sondern kaufen im Voraus die Versicherung für jeweils 1000 Kilometer - natürlich über die App beim Mobilfunkanbieter.

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