Schon mal den Namen Oppo gehört? Nun, zumindest diejenigen, die sich selbst als early adopter sehen, also bei jeder Technik als erste dabei sein wollen, sollten ihn sich merken. Denn das jüngste Smartphone des chinesischen Herstellers, das Find X3 pro, und Samsungs S21 gehören zu den wenigen Smartphones, die echtes 5G schon bald nutzen können.
Echtes 5G - haben denn nicht die drei großen Anbieter alle schon 5G-Standorte im Angebot? Haben sie, doch der Verbindungsaufbau findet noch über die bewährte 4G-Technik statt, nur der Datentransport läuft über 5G. Non stand-alone heißt das unter Fachleuten. Vodafone will das nun in Deutschland ändern und bietet echtes 5G seit diesem Montag an etwa tausend Standorten an. Für Feinschmecker: Es geht dabei um Standorte, die im 3,5-Gigahertz-Bereich funken. Nutzen kann dies vorerst allerdings noch kein normaler Kunde, denn Oppo hat die entsprechende Software für das Find X3 noch nicht fertig, und auch bei Samsung muss erst ein Software-Update ausgespielt werden, um dem Funkchip die neuen Tricks beizubringen. Das könnte bis Mai dauern. Weitere Hersteller sollen nach und nach folgen. Und wenn Vodafone Ende Juni das alte 3G-Netz abschaltet, bedeutet das zunächst einmal einen Schub für 4G.
Aber wenn das alles so schwierig ist, wieso dann überhaupt die Umstellung? Das liegt daran, dass die Anbieter nicht warten wollen und können, bis alles geregelt ist und die Kunden ihnen die Türe einrennen - es braucht einen ziemlichen Vorlauf, bis die Leitungen gelegt, die Antennen umgebaut und die Software bereit ist. Im Falle von Vodafone kommt hinzu, dass Konkurrent Telekom bei 5G davongeeilt ist und bereits zwei Dritteln der Bevölkerung das neue Netz anbieten kann, wenn auch nur Huckepack über 4G. Da können sich die Düsseldorfer mit dem echten 5G profilieren.
Ihr Argument: Erst mit eigenständigem 5G können die besonderen Fähigkeiten dieser Technologie genutzt werden. Bisher wird in der breiten Öffentlichkeit vor allem die große Bandbreite hervorgehoben - mit anderen Worten: 5G kann superschnell große Mengen an Daten übertragen. Das funktioniert auch, wenn 4G zum Aufbau der Verbindung genutzt wird.
Aber, sagt der Technikchef von Vodafone Deutschland, Gerhard Mack, zu den neuen Funktionen von 5G gehörten auch eine geringe Latenz und die Möglichkeit zum Network-Slicing. Heißt: Die Verbindung wird in wenigen Millisekunden aufgebaut, und das Netz lässt sich in verschiedene Segmente aufteilen. So kann zum Beispiel im vollbesetzten Fußballstadion ein Teil des 5G-Netzes für die ruckelfreie TV-Liveübertragung reserviert werden, auch wenn Tausende Fans gleichzeitig Selfies nach Hause schicken.
"Der Mehrwert kommt nur noch über die Software."
Dazu braucht es allerdings nicht nur Glasfaserleitungen und Antennen. Um die Latenzen gering zu halten, sind auch Rechenzentren nötig, die möglichst nahe am Ort des Geschehens stehen. "Wir bewegen uns weg davon, mit wenigen zentralen Rechenzentren ganz Deutschland zu versorgen", sagt Mack, "und setzen auf verteilte Rechenzentren." In Frankfurt wurde ein solches bereits aufgebaut. Deshalb werden auch Vodafone-Kunden in der Region Frankfurt als Erste vom schnellen Verbindungsaufbau profitieren können, "Zehn Millisekunden sind hier zum Start das Ziel", sagt Mack. Das ist gut zehnmal schneller als ein menschlicher Wimpernschlag. Weitere Rechenzentren sollen demnächst in Berlin, danach in München entstehen. Insgesamt plant Vodafone zehn dieser Rechenzentren. Diese sind standardisierte Betonwürfel mit einer Kantenlänge von etwa 30 Metern.
Standardisiert sind sie aber nicht nur äußerlich, auch im Innern tun ganz gewöhnliche Serverrechner Dienst. Denn auch das unterscheidet 5G von seinen Vorgängern: Das System baut nicht mehr auf spezielle Hardware der Netztechnikanbieter wie Ericsson oder Nokia auf. "Der Mehrwert kommt nur noch über die Software", sagt Mack. Das bringt auch die sogenannten Hyperscaler ins Spiel, also große Rechenzentrumsanbieter wie Amazon, Microsoft und Google. "Die traditionellen Anbieter müssen sich wandeln", sagt Sylvain Fabre vom Beratungsunternehmen Gartner, "der Kuchen könnte zwar insgesamt größer werden, aber es gibt viel mehr Wettbewerb." Für die traditionellen Netztechnikanbieter sei das schwieriger zu bewerkstelligen als für die Cloud-Größen, für die bedeuteten 5G-Kunden lediglich ein weiteres Geschäftsfeld, und Expansion gehöre ohnehin zur Kernkompetenz dieser Anbieter.
Die Masten müssten fast doppelt so hoch sein wie bei der alten Technik
Auch die Mobilfunkanbieter wollen expandieren, wollen das schnelle Netz so rasch wie möglich unter die Leute bringen, doch es gibt einen Hemmschuh: die Standorte für Masten. Weil für 5G die Vorschriften verschärft wurden, müssen die Masten dafür fast doppelt so hoch sein wie bei der herkömmlichen Technik. "Es ist es sehr schwer, komplett neue Standorte zu finden, an denen wir 5G-Antennen im 3,5 Gigahertz Bereich aktivieren dürfen", klagt Gerhard Mack, "die Regeln in Deutschland sind sehr streng". Andernorts, etwa in Italien, sei das kein Problem.
Die Politik helfe zwar gut mit, auf allen öffentlichen Gebäuden dürfen theoretisch Sende- und Empfangsanlagen errichtet werden, aber nicht immer sind das eben auch die passenden Standorte, um die nötige Abdeckung zu erreichen. Privatpersonen, auf deren Häusern Masten angebracht sind, seien oft dagegen, diese zu erhöhen, manchmal sei dies auch aus statischen Gründen nicht möglich. "Die Suche nach zusätzlichen Standorten für 3,5 Gigahertz Antennen, macht es schwierig, den 5G Ausbau in der Fläche voranzutreiben", sagt Mack.
Was es auch nicht leichter macht: die Finanzierung. Alle Anbieter beklagen unisono, dass sie viel Geld für die Nutzung der Frequenzen bezahlen mussten und dazu jetzt noch hohe Investitionskosten haben. Kosten, die sie auch kaum durch höhere Preise etwa für 5G hereinholen können. Denn, gibt Mack zu, "für Privatkunden müssen sich die Argumente für eine Bereitschaft, mehr zu zahlen, noch weiterentwickeln - zum Beispiel beim Thema Augmented Reality." Derzeit herrscht das Prinzip Hoffnung: "Wir müssen weiter bauen, dann wächst auch das Interesse bei den Menschen weiter."