Süddeutsche Zeitung

Virgin Atlantic: Richard Branson:Der Kampf des Egomanen

Allein gegen den Rest der Welt? Das funktioniert nicht mehr. Der Egomane und Abenteurer Richard Branson hat erkannt, dass seine Fluglinie Virgin Atlantic Partner braucht.

Jens Flottau

Er ist ein einsamer Wolf zeit seines Lebens, ein Lebemann und Abenteurer. Aus den Gesellschaftsmagazinen ist er nicht wegzudenken, aber sein Ego festigte er im harten Geschäftsleben. Seit 1984 spielt er in der Flugwelt David gegen Goliath. Der sympathische Kleine gegen den bösen Großkonzern, der Freund der Passagiere gegen die "dirty tricks" des Establishments. Seit mehr als 25 Jahren kämpft Sir Richard Branson, der legendäre Gründer der britischen Fluggesellschaft Virgin Atlantic, gegen British Airways. Jetzt wird es Zeit für ein neues Bild.

Virgin Atlantic, Bransons Spielzeug, steckt in einer Identitätskrise, mindestens, vielleicht sogar in einer Existenzkrise. Der Gründer selbst, der über seine Virgin Group immer noch 51 Prozent der Anteile hält, und sein Airline-Chef Steve Ridgway haben eingesehen, dass sie mit dem bisherigen Motto - alleine gegen den Rest der Welt - nicht mehr weiterkommen. "Wir haben es genossen, unabhängig zu sein, aber wir glauben, dass uns eine Allianz viel stärker machen wird", so der Milliardär. "Wir brauchen einen großen Bruder, der uns durch die nächsten 30 Jahre bringt."

"no way BA/AA"

Die bittere Erkenntnis lässt sich auch mit Zahlen dokumentieren. Einen Verlust von 132 Millionen Pfund (rund 156 Millionen Euro) hat die vergleichsweise kleine Fluggesellschaft im Geschäftsjahr 2009/2010 gemacht. Mittlerweile läuft es zwar besser, aber immer noch nicht gut, das hat strukturelle Gründe. Bis 2008 waren aufgrund eines äußerst restriktiven Abkommens nur vier Airlines auf den lukrativen Transatlantikstrecken nach London-Heathrow zugelassen: United, American, British Airways (BA) und Virgin Atlantic. Seither ist der Markt freigegeben, der Wettbewerb hat stark zugenommen. Nun dürfen auch noch die Erzrivalen BA und American ihre Allianz vertiefen. Einst ließ Branson Flugzeuge mit Protestnoten ("no way BA/AA") bepinseln - erfolglos.

Ironie des Schicksals: Wie kaum eine andere Airline hat Virgin Atlantic für die Liberalisierung geworben, die ihr nun zum Verhängnis wird.

Seit dem Jahr 2000 hält Singapore Airlines (SIA) einen 49-Prozent-Anteil an dem Unternehmen, doch gebracht hat das beiden wenig; SIA würde gerne verkaufen. Immerhin ist SIA Mitglied der Star Alliance. Aber es ist die Frage, ob eine Allianz alleine Virgin Atlantic das Überleben sichern würde oder ob das nur durch einen Verkauf gelänge.

Branson würde seine Virgin Atlantic gerne mit der Lufthansa-Tochter BMI fusionieren, aber die Lufthansa hat kein Interesse. Es sei denn, Branson würde seinerseits BMI herauskaufen.

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SZ vom 20.01.2011/hgn
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