Versicherungskonzern:Versuchte Erpressung - Ergo erstattet Anzeige

Und wieder eine Schlagzeile: Die Ergo-Versicherung hat einem Zeitungsbericht zufolge drei Männer wegen versuchter Erpressung angezeigt. Angeblich gibt es einen Zusammenhang mit den Enthüllungen über eine Sex-Party von Vertretern in Budapest und die falsche Abrechnung von Riester-Gebühren.

Erst die Sex-Party, dann angebliche Kundenabzocke: Nach wochenlangen Negativ-Schlagzeilen geht die Ergo jetzt in die Offensive. Die Versicherungsgruppe hat Strafanzeige wegen versuchter Erpressung erstattet - der Financial Times Deutschland zufolge gegen zwei Rechtsanwälte und einen Geschäftsmann.

Hintergrund sei ein millionenschwerer Rechtsstreit über Abfindungen früherer Versicherungsvertreter, schreibt die Zeitung. Ergo sehe einen Zusammenhang zwischen diesem Streit und den Enthüllungen des Sex-Skandals in Budapest und der zu hohen Gebühren für Riester-Policen.

Die angezeigten Männer sollen dem Bericht zufolge die ehemaligen Ergo-Vertriebsleute in der Auseinandersetzung um die Abfindungen vertreten. Sie sollen am Anfang 112 Millionen Euro gefordert haben, mittlerweile geht es noch um 24 Millionen. "Hier wird ein neues Geschäftsmodell von Berufsklägern ausprobiert", zitiert die FTD einen angeblichen Kenner der Vorgänge.

Bei Ergo hält man sich bedeckt. "Wir kommentieren das nicht", sagte ein Sprecher zu dem Zeitungsbericht, aber auch: "Wir lassen uns nicht erpressen."

Am Donnerstag hatte Ergo bestätigen müssen, dass Kunden zu hohe Verwaltungsgebühren bei Riester-Verträgen berechnet wurden. Dem Handelsblatt zufolge wurden bei 70.000 Riester-Verträgen insgesamt 160 Millionen Euro zuviel kassiert. Ergo selbst machte zur Zahl der Kunden und zur Höhe der Summe keine Angaben. Ein Sprecher sagte lediglich: "Die genannten Zahlen scheinen deutlich zu hoch."

"Mal wieder die Hamburg-Mannheimer"

Ergo gehört dem Rückversicherer MunichRe. Deren Chef Nikolaus von Bomhard sprach von einem "gravierenden Fehler". "Im Interesse der Verbraucher wird dieser Vorfall lückenlos aufgeklärt", kündigte er am Freitag an.

Verbraucherschützer fordern Konsequenzen aus der Affäre um die Renten-Gebühren: "Mal wieder die Hamburg-Mannheimer", sagte Hajo Köster, Justiziar des Bundes der Versicherten in Henstedt-Ulzburg bei Hamburg. "Der Ergo-Vorstand muss sich dafür verbürgen, dass er alle betroffenen Versicherten anschreibt und ihnen die Beiträge rückwirkend und mit allen Konsequenzen gutschreibt. Auch denen, die bereits ausgestiegen sind." Es dürfe nicht sein, dass die Korrektur den Versicherten überlassen werde und die Versicherung so von ihrem eigenen Fehler profitiere. Die Hamburg-Mannheimer soll die falschen Verträge für Riester-Sparer ausgefertigt haben. Sie gehört zur Ergo-Gruppe.

Markus Feck, Jurist bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, rät den Betroffenen, auf eine Neuberechnung des Vertrages zu pochen: "Die Leute können zwar nicht mit der Auszahlung des Geldes rechnen, aber das Guthaben im Vertrag wird sich erhöhen", sagte Feck. Auf die Versicherung sollten sich die Betroffenen nicht verlassen, sondern besser mit sämtlichen Unterlagen eine Beratungsstelle der Verbraucherzentralen aufsuchen.

Erst vor wenigen Wochen war die Gesellschaft nach Bekanntwerden eines Sex-Skandals in die Schusslinie geraten: Im Juni 2007 hatte der Strukturvertrieb der Hamburg-Mannheimer in Budapest eine Sex-Orgie mit rund 20 Prostituierten für seine 100 besten Vertreter organisiert. Als Konsequenz hatte Ergo am Mittwoch seine Verhaltensregeln für Mitarbeiter und selbstständige Handelsvertreter verschärft.

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