Versicherungsbeitrag:Was kostet die Berufsunfähigkeitsversicherung?

Gegen Berufsunfähigkeit möchten wohl die meisten gut abgesichert sein. Dennoch können oder wollen sich viele die Versicherung nicht leisten. Wie teuer guter Schutz ist und wie man ihn bekommt.

Von Marina Engler

Von der privaten Versicherung gegen Berufsunfähigkeit (kurz: BU) ist bekannt: Sie ist wichtig, kompliziert und teuer. Vor allem die hohen Beiträge sorgen dafür, dass viele sich nicht absichern, wie die Umfrage des Meinungsforschungsinstituts TNS Infratest in Zusammenarbeit mit der Continentale-Versicherung zeigt (hier). Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Hälfte lautet: Es braucht Zeit, um ein gutes Angebot zu finden, denn Konditionen und Preise sind von Anbieter zu Anbieter sehr verschieden.

Die Versicherung bestimmt den Preis

Einen allgemeinen Basistarif gibt es beim BU-Schutz nicht. Tarifrechner (hier) können einen ersten Einblick geben, doch ein genaues Angebot erhält man nur durch eine Risiko-Voranfrage (mehr dazu in diesem Ratgeber-Text). Neben gewünschter Rentenhöhe, Alter und Beruf sind dafür auch Hobbies und Vorerkrankungen entscheidend. Wie genau die Anbieter die Angaben gewichten, behalten sie für sich. Selbst Versicherungsexperten können nur Tendenzen nennen:

  • Jüngere zahlen weniger als Ältere.
  • Wer körperlich arbeitet oder ein gefährliches Hobby hat wie Reiten, Tauchen oder Fallschirmspringen, muss meist einen Risikozuschlag zahlen.
  • Vorerkrankungen wie Allergien, Rückenleiden oder Behandlungen beim Psychotherapeuten, führen oft zum Ausschluss der Krankheit als Ursache für eine BU oder sogar zur Ablehnung (was dann zu tun ist, lesen Sie in diesem Ratgeber-Text).

Dennoch hat man auch mit Vorerkrankungen eine Chance auf bezahlbaren BU-Schutz, sagt Helge Kühl von der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein. Zwar wollen viele Anbieter etwa Rückenprobleme als Ursache für eine BU ausschließen. Wenn der Versicherte also Krebs bekäme, würde er eine Rente erhalten, bei einem Rückenschaden jedoch nicht. "Ich versuche aber stattdessen eher einen Risikozuschlag auszuhandeln", sagt Kühl. "Die Betroffenen müssen dann für ihre Police etwas mehr zahlen, sind dafür aber gegen alles abgesichert."

Wenn mehrere Versicherer gute Konditionen anbieten, ist der Preis entscheidend. Der Monatsbeitrag ist einmal als Brutto- oder Tarifbeitrag und einmal als Netto- oder Zahlbeitrag angegeben. In der Regel verrechnen die Anbieter ihre Überschüsse mit den Beiträgen, sodass man nur den Nettobeitrag zahlen muss. Mit der Zeit kann sich dieser ändern, weshalb man vor Vertragsabschluss stets auf die Differenz zwischen den Beiträgen achten sollte. Etwa 30 Prozent sind üblich. Gibt der Versicherer einen Rabatt von 50 Prozent oder mehr, stellt sich die Frage, ob er diese Gewinne dauerhaft erwirtschaften kann.

BU-Schutz für alle ist nicht in Sicht

Geringverdiener können sich selbst einen vergleichweise geringen Zahl-Beitrag von 50 bis 80 Euro im Monat nicht leisten. Körperlich Tätige, wie Bauarbeiter oder Krankenpfleger, bekommen oft nur Tarife für mehr als 300 Euro im Monat angeboten oder werden komplett abgelehnt. Auch kleine Behandlungen, wie etwa gegen Schlafstörungen während der Prüfungsphase oder Reiten als Hobby können bereits zur Ablehnung führen, wie die Zeitschrift Ökotest anhand von Testanfragen belegte (welche Alternativen zum BU-Schutz es gibt, lesen Sie hier).

Verbraucherschützer fordern deshalb, den staatlichen BU-Schutz wieder einzuführen oder eine Privatversicherung für jeden zu ermöglichen. Der so genannte Kontrahierungszwang für BU-Versicherungen würde bedeuten: Jede Versicherung muss einen günstigen Basis-Schutz für alle anbieten. "Ein Basis-Tarif wäre nur in Kombination mit einer Pflichtversicherung möglich", sagte ein Sprecher des Justizministeriums zu Süddeutsche.de. "Das würde einen Eingriff in die Versicherungsfreiheit bedeuten und ist im Koalitionsvertrag nicht vorgesehen." (Stand November 2014)

Wer sich absichern möchte, muss sich also vorerst selbst helfen. Dabei sollte man sich nicht allzu schnell entmutigen lassen, wie die Ökotest-Untersuchung zeigt. Die fünf Musterfälle, deren anonyme Daten an 22 Versicherer geschickt wurden, bekamen zwar zum Großteil Verträge mit Risikozuschlag, dem Ausschluss einer Krankheit oder sogar Ablehnungen zurückgeschickt. Doch immerhin vier von ihnen wären auch bei mindestens einem Anbieter ohne irgendwelche Nachfragen oder Zuschläge versichert worden.

Die Einschätzung der Versicherungen ist also offenbar sehr unterschiedlich. Berater Kühl hat sogar die Erfahrung gemacht, dass die Bewertung innerhalb eines Unternehmens schwanken kann: "Manchmal schicke ich eine anonyme Anfrage mehrmals an den gleichen Versicherer und bekomme beim zweiten Versuch ein besseres Angebot. Es ist zwar unverschämt, dass die Antworten zum Teil von der Laune des Bearbeiters abzuhängen scheinen, aber das heißt auch: Wer oft genug fragt, bekommt meist irgendwann ein Ja."

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