Süddeutsche Zeitung

Versicherungen:Umbau im Allianz-Konzern

Die Allianz will ihre konzerneigenen Industrie- und Kreditversicherer fusionieren und damit Kosten sparen. Die Risiken des Projekts sind allerdings beträchtlich.

Von Herbert Fromme, Köln

Die Allianz macht nun Ernst und will ihren Industrieversicherer Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS) in München mit dem Kreditversicherer Euler Hermes mit Hauptsitz in Paris zusammenlegen. Bis Mitte des Jahres soll die Unternehmensberatung Oliver Wyman zusammen mit den Konzernstrategen einen genauen Plan vorlegen, wie die Fusion ablaufen soll.

Konzernchef Oliver Bäte und sein Finanzchef Giulio Terzariol hatten sich in jüngster Vergangenheit mehrfach kritisch zur wirtschaftlichen Entwicklung der AGCS geäußert, bislang immer ein Vorzeigeunternehmen des Konzerns. Bäte will die Negativentwicklung stoppen und seinen Plan verfolgen, die Allianz drastisch zu vereinfachen und Geld einzusparen. Die Fusion der beiden Spezialversicherer würde massiv Kapital freisetzen, mit dem die Allianz ihr Geschäft unterlegen muss. Außerdem will Bäte die Kosten senken: aus zwei Personalabteilungen wird eine, aus zwei Vorständen ein Gremium. Allerdings gibt es keine Einsparungen ohne Abbau von Arbeitsplätzen. Die AGCS hat 4400 Mitarbeiter, Euler Hermes - obwohl kleiner im Umsatz - hat 5800.

Entscheidend wird aber sein, ob es der Allianz gelingt, für die Kunden etwas Positives aus der Fusion zu ziehen. Hier liegt auch das größte Risiko. Die Kultur beider Unternehmen ist sehr unterschiedlich. Gehen die guten Leute, kostet das Umsatz und Substanz. Und bei den Kunden haben die beiden sehr verschiedene Aufgaben.

Euler Hermes ist mit 2,5 Milliarden Euro Umsatz weltweit der größte Kreditversicherer und sichert Unternehmen dagegen ab, dass ihr Kunde zwischen Erhalt einer Lieferung und Bezahlung pleitegeht. Nebenbei verwaltet das Unternehmen für die Bundesrepublik die staatliche Exportversicherung Hermesdeckung, ohne hier selbst Risiken zu übernehmen.

Die eigentliche Kreditversicherung schließt ein Lieferant ab, nicht dessen Kunde. Euler Hermes beobachtet die Lage zahlreicher Unternehmen ganz genau und legt Obergrenzen fest. Wenn beispielsweise ein Hersteller von Küchengeräten an Kaufhäuser liefert, setzt Euler Hermes diese Grenzen je nach wirtschaftlicher Lage der Kaufhäuser - bis zu einer Million Euro bei dem einen Kaufhaus, bis zu fünf Millionen Euro bei einem anderen. Natürlich kann der Hersteller liefern, soviel er will, nur ist er dann oberhalb des Limits nicht mehr versichert. Reduziert ein Kreditversicherer die Obergrenze, kann das bei angeschlagenen Firmen dazu führen, dass sie keine Ware mehr erhalten. Das beschleunigt oft den Weg in die Pleite.

Die Datenbanken beider Unternehmen müssten klar getrennt werden

Die AGCS dagegen versichert Unternehmen gegen Verluste durch Feuer, Stürme, oder Schiffsuntergänge sowie gegen Schäden, die sie anderen zufügen. Das kann durch fehlerhafte Produkte oder durch Umweltschäden passieren. Mit 8,2 Milliarden Euro Umsatz ist die AGCS beim Umsatz deutlich größer.

Zwischen den Datenbanken und den Vertrieben der beiden Bereiche Kredit- und Industrieversicherung müssten klare Grenzen gezogen werden. Alles andere könnte Kunden schwer verärgern. Nicht ohne Grund betreiben Atradius und Coface, die erfolgreichsten Kreditversicherer neben Euler Hermes, ausschließlich diese Sparte. Allerdings führen andere Konzerne das Industrie- und das Kreditgeschäft gemeinsam, dazu gehören Zurich und Axa XL.

Ein positiver Faktor: Die AGCS ist gut im ganz großen Geschäft, bei dem Milliardenkonzerne versichert werden. Ihr Geschäftsfeld umfasst nur Firmen mit mehr als 500 Millionen Euro Umsatz. Euler Hermes ist auch bei kleineren Firmen gut vertreten. In den USA tut sich die AGCS schwer damit, die Altlasten der aufgelösten Tochter Fireman's Fund zu bereinigen. Hier geht es um kleine Kunden. Da könnte das Know-how von Euler helfen.

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Quelle:
SZ vom 19.03.2019
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