Versicherungen:Mit dem Betrüger unter einem Dach

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Bei Diebstählen in Firmen stecken oft eigene Mitarbeiter dahinter.

Von Ilse Schlingensiepen, Berlin

Zehn Jahre hat die Masche funktioniert: Eine Buchhalterin zahlt das Bargeld, das jede Woche aus den Niederlassungen zur Zentrale gebracht wird, auf ihr eigenes Konto ein, nicht auf das der Firma. Der Betrug fällt erst auf, als die Frau länger krank wird. Der Schaden beträgt 750 000 Euro. Warum hat es keiner gemerkt? Die Frau hatte eine so große Vertrauensstellung, dass niemand sie kontrolliert hat, berichtete Rüdiger Kirsch vom Spezialversicherer Euler Hermes in Berlin.

An dem Fall ist vieles typisch: Buchhaltung und Kasse sind Arbeitsbereiche, in denen es oft zu Betrug durch die eigenen Mitarbeiter kommt. Die Täter haben oft eine führende Position und genießen hohes Vertrauen. Eher untypisch ist, dass es sich um eine Frau handelt. Der klassische kriminelle Mitarbeiter ist männlich und über 40.

Mit einer Vertrauensschadenversicherung können Unternehmen sich gegen Schäden absichern, die ihnen durch eigene Mitarbeiter oder fremde Personen entstehen, die Geld oder Waren stehlen oder veruntreuen. Nach einer Auswertung des deutschen Versichererverbands GDV waren interne Mitarbeiter für 63 Prozent der 2400 im Jahr 2018 gemeldeten Fälle verantwortlich und für 75 Prozent der Schäden von 225 Millionen Euro. Diese Fälle machen aber nur einen Bruchteil der tatsächlichen Schadendimension aus, weiß Kirsch. "Die Prognosen gehen in die Milliarden."

Er schätzt, dass jedes Jahr fünf bis zehn Prozent der deutschen Unternehmen von eigenen Mitarbeitern betrogen werden. Dabei seien alle Branchen betroffen, manche allerdings besonders exponiert. "Die Schmuckindustrie versichern wir ungern."

Zur Prävention rät Kirsch Unternehmen, ein internes Aufsichtssystem einzuführen und das Vier Augen-Prinzip konsequent umzusetzen, gerade in der Buchhaltung. Ziel der Präventionsmaßnahmen muss es sein, dass Täter wenig Gelegenheit bekommen, sich auf Kosten des Arbeitgebers zu bereichern, und leicht auffliegen, sagte Jurist Hendrick Schneider von der Universität Leipzig.

© SZ vom 05.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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