Versicherung:Welche Alternativen gibt es zum Berufsunfähigkeitsschutz?

Die Berufsunfähigkeitsversicherung soll ein existenzielles Risiko absichern. Dennoch erhalten viele Personen nur abgespeckten oder gar keinen Schutz. Sinnvolle Alternativen gibt es nur wenige - ein Überblick.

Von Marina Engler

Es gibt Leute, die sind nicht erwünscht. Jedenfalls nicht bei einer Versicherung gegen Berufsunfähigkeit (kurz: BU). Dachdecker, Krankenpfleger, Personen mit Rückenleiden oder psychischen Beschwerden gehören ebenso wie Hobby-Taucher oder Reiter zu den Risiko-Bewerbern, die entweder gar nicht oder nur zu besonders schlechten Konditionen und hohen Preisen abgesichert werden.

"Da die Unternehmen die jeweilige Erkrankung im Rahmen ihrer Risikoeinschätzung unterschiedlich beurteilen, sollten erst sämtliche Wege zum Abschluss einer BU-Versicherung ausgeschöpft werden", empfiehlt Rita Reichard von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. "Denn auch wenn es aufwendig ist: Es gibt keine gute Alternative zum BU-Schutz." Ist der hohe Monatsbeitrag das Problem, gibt es einige Möglichkeiten, den regulären Preis zu drücken (was zu tun ist, wenn Ihr Antrag auf BU-Schutz abgelehnt wird, lesen Sie hier). Das sollte unbedingt versucht werden, denn alle anderen Versicherungen bieten deutlich weniger Schutz.

Erwerbsunfähigkeitsversicherung

Eine Erwerbsunfähigkeitsversicherung (kurz: EU) wird oft als erste Alternative zum BU-Schutz genannt. Die Beiträge sind günstiger, doch die Kriterien für die Rentenauszahlung sind auch strenger. Die Versicherung zahlt unabhängig vom erlernten Beruf nur, wenn man überhaupt nicht mehr arbeiten kann, ähnlich der staatlichen Erwerbsminderungsrente. Hinzu kommt: Die Anforderungen, überhaupt versichert zu werden, sind ähnlich streng wie für die BU. Wer also aus gesundheitlichen Gründen keinen BU-Schutz erhält, wird meist auch bei der EU-Versicherung abgelehnt.

Unfallversicherung

Viele Personen, die sich nicht gegen BU absichern, betonen, dass sie eine private Unfallversicherung hätten (hier). Die Anzahl derer, die aufgrund eines Unfalls berufsunfähig werden, liegt aber nur bei etwa zehn Prozent. Daher ist eine Unfallversicherung höchstens dann eine Alternative zum BU-Schutz, wenn man etwa als Kraftfahrer oder Skispringer ein sehr hohes Unfallrisiko hat. Bei chronischen Krankheiten oder psychischen Leiden zahlt sie nämlich nicht.

Schwere-Krankheiten-Versicherung / Dread-Disease-Police

Eine Schwere-Krankheiten-Versicherung oder Dread-Disease-Police leistet eine Einmalzahlung, wenn eine vorher abgesicherte Krankheit, etwa Krebs, Alzheimer oder ein Herzinfarkt, eintritt. Ob der Beruf noch ausgeübt werden kann, ist dafür unerheblich. Als Alternative zum BU-Schutz taugt diese Art der Versicherung eher nicht, da es bisher keinen Anbieter gibt, der alle schweren Krankheiten absichert. Wirbelsäulenschäden und psychische Krankheiten sind grundsätzlich ausgeschlossen. Für Selbstständige kann eine solche Versicherung zusätzlich zum BU-Schutz sinnvoll sein, um mit der Sofortzahlung den Lebensunterhalt abzusichern und gegebenenfalls einen Nachfolger einzuarbeiten. Eine Krankentagegeld-Versicherung hat aber einen ähnlichen Effekt und kostet weniger.

Grundfähigkeitsversicherung

Die Grundfähigkeitsversicherung ist ebenfalls berufsunabhängig. Sie zahlt eine monatliche Rente bis zum eigentlichen Renteneintritt, wenn Fähigkeiten, wie Sehen, Sprechen, selbstständiges Essen oder Laufen stark eingeschränkt sind. Als Alternative zum BU-Schutz ist die Versicherung wenig geeignet, da psychische Krankheiten und Rückenleiden, die insgesamt etwa fast die Hälfte aller BU-Ursachen ausmachen, nicht versichert sind.

Multirente / Kombi-Rente / Opti5-Rente / Funktionsinvaliditätsversicherung

Eine Kombination, die meist aus Unfall-, Schwere-Krankheiten-, Grundfähigkeits- und Pflege-Versicherung besteht, wird unter verschiedenen Namen angeboten. Sie gilt als einzige sinnvolle Alternative, falls ein BU-Schutz unmöglich ist. Bei diversen Einschränkungen, wie etwa Krebs, Demenz oder erschwerten Körperfähigkeiten, wird eine Rente ausbezahlt. Psychische Krankheiten sind auch hier nicht versichert. Für Risiko-Personen ist dies aber oft die einzige Möglichkeit, den Verlust ihrer Arbeitskraft überhaupt zu bezahlbaren Beiträgen abzusichern. Bisher haben nur einige Anbieter eine solche Kombi-Versicherung im Angebot. Da der Abschluss ähnlich umfangreich ist wie bei einer BU-Versicherung, empfiehlt sich die Zusammenarbeit mit einem Berater.

Lebensversicherung mit BU-Schutz

Ein BU-Schutz kann auch als Zusatz zu einer Lebensversicherung oder einer Rürup-Rente abgeschlossen werden. Zum Teil sind diese sogar günstiger als eine eigenständige BU-Versicherung. Im Allgemeinen raten Verbraucherschützer zwar von solchen Kombi-Produkten ab, da diese auch nur gemeinsam wieder gekündigt werden können und teils schlechtere Konditionen haben als Einzelverträge. Bevor man gar keinen bezahlbaren BU-Schutz bekommt, kann eine Kombination mit einer Risiko-Lebensversicherung eine Alternative sein. Wer keine Familie abzusichern hat, sollte die geringstmögliche Todesfallsumme wählen, um die Kosten möglichst niedrig zu halten.

Eine Koppelung des BU-Schutzes mit einer Kapital-Lebensversicherung oder einer Rürup-Rente ist hingegen nicht empfehlenswert. Zwar betonen manche Versicherer, dass man auf diese Weise Steuern sparen könne. Doch je nach Einkommen ist die Ersparnis kaum der Rede wert. Hinzu kommt: Die Rente muss bei der Auszahlung versteuert werden, wodurch sich langfristig sogar ein Steuernachteil ergeben kann. Außerdem können bei einer Kopplung oft Rentenhöhe und Dynamisierung nicht frei gewählt werden, weil sie mit dem anderen Produkt kompatibel sein müssen.

Unabhängige Berater und Verbraucherschützer kritisieren außerdem die mangelnde Flexibiltät bei einer Koppelung von BU-Versicherung und Sparvertrag. Wenn man in Zeiten von Arbeitslosigkeit, Krankheit oder Elternzeit die Beiträge nicht mehr bezahlen kann, gibt es bei einer guten BU-Versicherung die Möglichkeit, diese auszusetzen oder zu stunden. Bei einer Kombi geht das für gewöhnlich nicht. Auch eine Anpassung der Konditionen während der Vertragslaufzeit ist nur selten möglich. Aus diesem Grunde kann man bei einer Veränderung der Lebenssituation schnell sowohl die private Altersvorsorge als auch den BU-Schutz verlieren. Das sollte unter allen Umständen vermieden werden.

Der Grund für die Unflexibilität solcher Kombi-Verträge liegt darin, dass sie völlig unterschiedliche Ziele haben. Beim BU-Schutz zahlen viele Versicherte in einen großen Topf ein, aus dem nur wenige wieder etwas ausbezahlt bekommen. Bei einer Kapital-Lebensversicherung oder Rürup-Rente hingegen bekommen nahezu alle, die etwas einzahlen, auch wieder etwas ausbezahlt. Hier ist nicht die Frage, ob, sondern wie lange die Rente gezahlt wird. Entsprechend höher ist auch der Beitrag. Die Kombination aus einer kapitalbildenden Altersvorsorge und der Absicherung eines Risikofalls (wie BU oder plötzlicher Tod) ist daher grundsätzlich nicht sinnvoll.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: