Süddeutsche Zeitung

Versicherung für Manager:Teurer Schutz für den Chef

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Unternehmen sind verärgert über ihre Versicherer. Vor allem für die Absicherung von Managern gegen Pflichtverletzungen müssen sie wesentlich mehr Geld bezahlen. Das passt vielen in der Pandemie gar nicht.

Von Anne-Christin Gröger und Patrick Hagen, Köln

Frank Gartmann, Experte für Haftpflichtrisiken beim Energiekonzern Eon, hat in seinen 25 Jahren in der Industrieversicherung schon viel erlebt, so etwas wie im vergangenen Jahr aber noch nicht. Er meint nicht die Corona-Pandemie. Der Manager spricht über die Erneuerung der Verträge in der industriellen Haftpflichtversicherung - in den Vorjahren war das stets eine Formsache mit tendenziell günstigeren Preisen. Dieses Jahr aber läuft es anders: Ein langjähriger Versicherungspartner lehnte es ohne Vorwarnung ab, die bisherige Deckung weiterzuführen. "Da war ich das erste Mal in meiner Karriere wütend", sagte er auf einer Fachkonferenz.

Große Probleme hatte er auch mit der Managerhaftpflicht (D&O). Mit ihr sichern Unternehmen ihre Führungskräfte und Aufsichtsräte gegen Pflichtverletzungen ab, für die diese sonst mit ihrem Privatvermögen haften. Entsprechend achtet der Vorstand genau auf diese Deckung. Gartmann ist es diesmal nicht gelungen, die Absicherung in der gewünschten Höhe zu bekommen, obwohl er weltweit gesucht hat.

Wie ihm geht es gerade vielen Versicherungseinkäufern. Die Preise für Industrieversicherungsverträge sind in diesem Jahr gewaltig gestiegen. Das kommt für viele Firmen in der Pandemie zur Unzeit. Allerdings war Versicherungsschutz in den vergangenen 15 Jahren sehr günstig. Die Anbieter machten sich scharfe Konkurrenz, die Preise sanken. Das führte zu roten Zahlen in den Bilanzen der Versicherer, jetzt ziehen sie die Reißleine.

HDI Global hat die Preise in der Haftpflichtversicherung um acht bis zehn Prozent angehoben. Bei Zurich, einem weiteren großen Industrieversicherer, waren es fünf bis zehn Prozent, im D&O-Bereich im Schnitt ein zweistelliger Prozentsatz. Kunden, die in den vergangenen Jahren Schäden gemeldet haben, müssen aber deutlich mehr zahlen. In Einzelfällen verzehnfachten die Versicherer die Beiträge.

Die Lage könnte für die Unternehmen noch einige Jahre unerfreulich bleiben. Mit den diesjährigen Erhöhungen ist es noch nicht vorbei, kündigten Zurich und HDI an. Auch AIG, einer der größten D&O-Anbieter, will bestimmte Risiken ausschließen, unter anderem bei Insolvenzen.

Ungemach könnte großen Firmen und ihren Versicherern noch von anderer Seite drohen, erwartet der Industrieversicherer Allianz Global Corporate & Specialty (AGCS): Die soziale Inflation, ursprünglich in den USA ein Thema, kommt in Deutschland an, sagte AGCS-Manager Jörg Ahrens. Damit ist gemeint, dass Unternehmen häufiger hohe Schadenersatzzahlungen leisten müssen, weil Richter höhere Abfindungssummen zusprechen, die Hürden für Sammelklagen sinken und Gerichte Verträge immer häufiger zugunsten der Verbraucher auslegen. Auch die Nutzung sozialer Medien, in denen die Stimmung gegen einen Großkonzern schnell kippt, spielt eine Rolle. Damit steigen auch die Schäden für Haftpflichtversicherer.

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