Versicherer:Kritik an neuen Eigenkapitalregeln

Die Versicherer sind zwar unzufrieden mit den neuen Vorschriften, die sie zu teils unrealistischen Vorsichtsmaßnahmen verpflichten. Das Modell Lebensversicherung aber sei dadurch nicht gefährdet.

Von Friederike Krieger

Der Versicherer Allianz ist mit der Umsetzung der neuen EU-Eigenkapitalregeln Solvency II nicht zufrieden. "Solvency II führt zu prozyklischem Handeln", sagte Burkhard Keese, Finanzchef der Allianz Deutschland, beim CFO-Dinner der SZ. Gemeint ist damit, dass der Zwang, zu handeln, Trends auf dem Kapitalmarkt verstärken könnte. Das habe negative Auswirkungen auf Versicherer und Märkte. Die neuen Vorschriften sind seit Anfang 2016 in Kraft. Sie verpflichten die Versicherer, Eigenkapital gemäß den Risiken vorzuhalten, die sie im Versicherungsgeschäft und in der Kapitalanlage eingehen.

Gegen eine realistische Bewertung ihrer Risiken haben die Versicherer nichts einzuwenden. Aber in den Details gehen die neuen Regeln den Anbietern zu weit. So zwingen die neuen Regeln die Versicherer, sich auf Szenarien wie eine 70 bis 80 Jahre währende Phase mit Negativzinsen vorzubereiten. "Wenn wir in einer Volkswirtschaft leben müssten, die über Jahrzehnte hinweg mit negativen Zinsen arbeiten muss, wäre die Erfüllung der Solvency-II-Vorgaben das geringste Problem", sagte Keese.

Besonders schwer sei es, Risiken aus der deutschen Lebensversicherung unter Solvency II darzustellen. Das wirkliche Risiko werde nur zum Teil erfasst, sagte Keese. Ein Problem: Die Verträge laufen weit länger als es die meisten Kapitalanlagen. Daher fehlten Marktdaten, um die nötige Eigenkapitalunterlegung zu kalkulieren, vieles müsse geschätzt werden.

Immo Querner, Finanzchef des Versicherers Talanx, ist ebenfalls mit vielen Einzelheiten des neuen Regelwerks nicht zufrieden. Aber er glaubt, dass es Firmen hilft, besser zu planen. "Bei der einen oder anderen Kritik könnte auch irgendwann die Selbsterkenntnis kommen", sagte er. Nicht alles sei früher so genau analysiert worden, wie heute nötig. Damit spielte er auf die hohen Zinsgarantien von vier Prozent an, die Versicherer ihren Kunden vor 20 Jahren zugesagt haben. Viele Gesellschaften haben jetzt Probleme, angesichts der Niedrigzinsen am Kapitalmarkt die versprochene Rendite zu erwirtschaften.

Allianz-Finanzchef Keese sieht die Lebensversicherung dennoch nicht in der Krise. "Viele sprechen von der Altlast Lebensversicherung", sagte er. "Ich sehe das nicht." Die Allianz könne ihre garantierten Verbindlichkeiten die nächsten 74 Jahre zahlen und habe dann noch 22 Milliarden Euro übrig.

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