Versicherer:Hohe Hürden

Nur wenige Unternehmen verkaufen bisher ihre Bestände mit Lebenspolicen an Konkurrenten. Denn das ist schwierig, und es lohnt sich kaum. Es sei denn, durch eine Zusammenlegung gibt es große Kostenvorteile, etwa durch eine leistungsfähigere IT.

Die Finanzaufsicht Bafin sieht im Verkauf von bestehenden Lebensversicherungspolicen an andere Anbieter kein Allheilmittel für die von den Niedrigzinsen gebeutelte Branche. "Die gesetzlichen Hürden sind so hoch, dass eine solche Transaktion in vielen Fällen kaum finanzielle Vorteile für den Käufer bietet", sagte der Chef der Versicherungsaufsicht, Frank Grund, der Deutschen Presse-Agentur und der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Die Belange der Versicherten müssen gewahrt werden. Darauf wird die Bafin streng achten", sagte Grund.

Aus wirtschaftlicher Sicht mache es deshalb nur dann Sinn, Bestände zu übernehmen, "wenn man große Kostenvorteile etwa durch deutlich überlegene Verwaltungssysteme hat, insbesondere eine leistungsfähige IT". Lebensversicherer tun sich angesichts der Niedrigzinsen zunehmend schwer, die hohen Garantieversprechen der Altverträge zu erwirtschaften. Für Spezialisten könnte eine Übernahme der Resterampe dagegen interessant sein, meinen Branchenbeobachter.

"Die große Euphorie im Markt ist raus."

Bislang liegt der Bafin Grund zufolge allerdings nur ein Antrag auf einen sogenannten Run-off zur Bearbeitung vor. Ein zweiter sei angekündigt, sagte Deutschlands oberster Versicherungsaufseher, ohne Namen zu nennen. "Die große Euphorie im Markt ist raus, das war eher ein medialer Hype." Zuletzt hatte die Arag angekündigt, das Lebensversicherungsgeschäft an die Frankfurter-Leben-Gruppe zu verkaufen. Bernd Neumann, Chef der Frankfurt Leben, die im vergangenen Jahr bereits 120 000 klassische Lebensversicherungen von der Baseler übernommen hatte, sagte jüngst dem Handelsblatt: "Die IT ist unsere Kernkompetenz." Generell rechnet er damit, dass die Zahl der Anbieter auf dem deutschen Markt in den kommenden Jahren "vermutlich um rund ein Drittel sinken dürfte". Derzeit gibt es 84 deutsche Lebensversicherer, hinzu kommen noch ausländische Anbieter.

Chefaufseher Grund erwartet keine Übernahmewelle: "Einen Fußlahmen und einen mit einem gebrochenen Arm zusammenzubringen, macht die Lage nicht besser." Insgesamt sieht er die Branche auf einem guten Weg. "Im vergangenen Jahr haben die Unternehmen ihr Eigen- und Hybridkapital um mehr als zwei Milliarden Euro auf etwa 18 Milliarden gesteigert. Es muss allerdings noch mehr werden." Hybridkapital wird durch die Ausgabe zum Beispiel von Genussscheinen oder nachrangigen Anleihen gebildet.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: