Verpackungsmüll:Am Ende zahlt der Verbraucher

Händler im Ausland kommen selten für die Entsorgung ihrer Pakete auf - zahlen müssen dafür andere.

Von Michael Kläsgen

Ein weitgehend ausgeblendetes Problem der zig Millionen Päckchen, die jedes Jahr allein aus China nach Deutschland kommen, ist die Entsorgung des Verpackungsmülls. Doch das ändert sich gerade. Unternehmen und Politik regen sich. Denn dadurch, dass Kartons und Plastik aus Nicht-EU-Staaten hierzulande entsorgt werden müssen, entstehen Kosten in Millionenhöhe. Diese tragen zunächst die für die Mülltrennung zuständigen Firmen. Am Ende werden sie aber in aller Regel auf die Verbraucher abgewälzt.

Das Gesetz sieht seit Anfang des Jahres vor, das jedes Unternehmen auch aus einem Nicht-EU-Staat, das Verpackungen nach Deutschland einführt, Gebühren für die Entsorgung zahlt. Doch obwohl jedes Jahr allein aus China mehr als 100 Millionen Päckchen nach Deutschland kommen, haben sich gerade einmal 2750 chinesische Händler beim Verpackungsregister eingetragen. Aber nur wer registriert ist, zahlt auch Gebühren.

"Es gibt derzeit etwa eine halbe Million Unternehmen, die sich eigentlich registrieren und ihre Verpackungen lizenzieren lassen müssten, es aber nicht tun", sagt Michael Wiener, Chef des Unternehmens Der Grüne Punkt. "Dadurch ergibt sich ein Fehlbetrag von schätzungsweise 440 Millionen Euro." Der Grüne Punkt ist mit einem Marktanteil von etwa 30 Prozent das größte von insgesamt neun Privatunternehmen in Deutschland, die sich um die Entsorgung des Verpackungsmülls kümmern.

Der "Fehlbetrag" ist für den Grünen Punkt besonders ärgerlich. Denn die ungedeckten Kosten werden je nach Marktanteil auf die Unternehmen aufgeteilt und beeinflussen auch die Preise, die die Firmen den Lizenznehmern bieten können.

Viele Online-Händler sind gar nicht registriert

Auffällig findet Wiener zwei unterschiedliche Entwicklungen seit Einführung des Gesetzes. Die registrierte Menge von Verpackungen aus Papier, Pappe und Karton steigt stark an, die bei Plastikmüll jedoch nicht. "Dadurch entsteht der Verdacht", sagt Wiener, "dass sich vor allem Onlinehändler nur für die äußere Kartonage registrieren, nicht aber für die Verpackung im Karton." Das heißt, sie melden nicht alles an, womit der gesendete Gegenstand umwickelt ist: Folien, Styropor, Füllmaterial. Also das, was man im Fachjargon Leichtverpackungen nennt.

Genau hier liegt aber das Problem. Seit Anfang des Jahres wurden 2,5 Millionen Tonnen Leichtverpackungen in den Verkehr gebracht. Es wurden aber nur 1,8 Millionen Tonnen lizenziert. "Es fehlen also schätzungsweise 700 000 Tonnen, die nicht gemeldet wurden", sagt Wiener. "Ziel des Gesetzes war es eigentlich, diese Lücke zu schließen. Aber davon sind wir noch weit entfernt."

Wenn jedoch nicht einmal die Verpackung registriert ist, wird es der versendete Gegenstand erst recht nicht sein. Da es sich oft um Elektrogeräte mit Batterien oder Akkus handelt, ergibt sich hieraus ein weiteres Problem. Weil Batterien umweltschädlich sind, müssen sie aufwendig entsorgt werden, was hohe Kosten verursacht, für die derjenige, der sie eingeführt hat, jedoch keine Gebühren gezahlt hat.

Die Zentrale Stelle Verpackungsregister, die die Aufsicht über das Recycling hat, sieht den Onlinehandel daher in der Pflicht. "Unabhängig davon, ob die Ware aus dem In- oder Ausland kommt", sagt Gunda Rachut, Leiterin des Registers, "sehen wir im Moment noch große Defizite beim Online- und Versandhandel bei der Umsetzung der Produktverantwortung. Das Wissen zu rechtskonformem Handeln ist oft nicht sehr ausgeprägt." Schätzungsweise gut 150 000 Onlinehändler registrieren sich nicht - und überlassen die Kosten anderen.

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