Verpackungsgesetz:Überlasst die Mülltrennung den Maschinen!

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Das neue Verpackungsgesetz geht nicht weit genug. Es hätte Hersteller und Supermärkte mehr in die Pflicht nehmen müssen. Vor allem aber hätte es endlich verhindern können, dass die Bürger weiterhin per Hand vorsortieren. Das ist ineffizient.

Von Michael Kläsgen

Deutschland und der Plastikmüll, das ist eine Geschichte, die viel mit Selbstbetrug zu tun hat. Es ist ja nicht so, dass das Problem nicht erkannt wäre: Schon vor knapp drei Jahrzehnten verabschiedete die Bundesregierung die erste Verpackungsverordnung und führte den gelben Sack ein, das Symbol schlechthin für den Kampf gegen Plastikmüll und für mehr Recycling von Kunststoff, Leichtmetall und Getränkeverpackungen. Doch der Erfolg blieb aus.

Der Müllberg schrumpft nicht, er wächst und wächst. Was steigen müsste, die Mehrwegquote etwa, sinkt. Viele Menschen in Deutschland sammeln und sortieren zwar fleißig, aber ihr Eifer hat wenig Sinn. Die Quoten sind niedriger, als ihnen Industrie und Politik weismachen. Der ökonomische Nutzen des kollektiven Sammelns ist gering. Bewegt wird vor allem eine riesige industrielle Maschinerie, die kaum etwas zur Lösung des eigentlichen globalen ökologischen Problems beiträgt: zur Vermeidung von Müll.

Auch das von Januar an geltende Verpackungsgesetz wird keine schnelle Trendumkehr herbeiführen. Viele Ansätze gehen in die richtige Richtung: Müll soll erst gar nicht entstehen. Aber das Gesetz ist zu harmlos. Es hätte die Verursacher des Mülls viel stärker in die Verantwortung nehmen müssen. Das Gesetz verpflichtet Hersteller nicht dazu, festgelegte Mengen wiederverwertbaren Kunststoffs zu verwenden. Es hätte auch Supermärkte dazu anleiten können, den Verpackungsmüll wieder zurückzunehmen.

Einer der größten Fehler ist, es den Bürgern weiterhin zu überlassen, den Müll per Hand vorzusortieren. Damit sind die allermeisten überfordert. Das ist ihnen nicht anzulasten. Das Sortieren ist schlicht zu kompliziert. Viele werfen in den gelben Sack, was dort gar nicht hineingehört. Und sie orientieren sich fälschlicherweise noch am Grünen Punkt, einem Relikt aus den Anfangszeiten des gelben Systems. Der Grüne Punkt ist aber kein staatliches Gütesiegel, sondern das Markenlogo des Privatunternehmens Duales System Deutschland. So gehen viele recycelbare Wertstoffe, die ein anderes Zeichen tragen, verloren. Eine sinnvolle Kampagne müsste den Grünen Punkt entmystifizieren. Viele Kunststoffe lassen sich zudem gar nicht trennen. Manche sind nicht wieder verwertbar, weil sie verunreinigt sind, Weichmacher oder Schwermetalle beinhalten. Oder weil sie farbig oder dunkel sind.

Der kollektive Selbstbetrug muss endlich aufhören

Das Sortieren von Hand ist hochgradig ineffizient. Daran wird auch das Gesetz vorerst nichts ändern. Es sieht zwar eine Informationskampagne über das richtige Sortieren vor, die soll aber frühestens 2020 starten. Wenn man schon dem alten System verhaftet bleibt, wäre es sinnvoller gewesen, die Kampagne an die Einführung des Gesetzes zu koppeln, um den Menschen klar zu machen, wie wichtig es ist, dass sie richtig sortieren.

Noch besser wäre es gewesen, Maschinen zu überlassen, den Müll zu trennen. In Zeiten der Digitalisierung wäre das nur konsequent gewesen. Das hätte jedoch ein grundsätzliches Umdenken erfordert. Es hätte die Verantwortung von den Bürgern auf die Industrie verlagert. Hersteller und Händler hätten ihre Produktion umstellen und langlebige, reparierbare und recycelbare Artikel herstellen müssen. Die Regierung hätte sie auch dazu verpflichten können, Verpackungen schadstofffrei herzustellen und wieder zurückzunehmen. Das Gesetz hätte einen Markt für Rezyklat, für wiederverwertbare Wertstoffe, schaffen müssen. Einen Markt, der über das Prinzip von Angebot und Nachfrage eine Kreislaufwirtschaft in Gang setzt. Dann wäre ein wirtschaftlicher Anreiz entstanden, Müll zu vermeiden. Das wäre der Anfang vom Ende des kollektiven Selbstbetrugs gewesen.

© SZ vom 31.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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